Definition
Was bedeutet Insolvenz?
Der Begriff Insolvenz kann vom lateinischen Wort „solvere“ abgeleitet werden, was auf Deutsch so viel wie „zahlen“ bedeutet. Insolvenz gibt den Zustand eines Unternehmens oder einer Privatperson wieder, das bzw. die aufgrund finanzieller Engpässe nicht mehr in der Lage ist, ausstehende Zahlungen zu begleichen. Die Insolvenz ist somit die drohende oder akute Zahlungsunfähigkeit.
Insolvenz und Insolvenzordnung
Eine Insolvenz ist eine Zahlungsunfähigkeit. Das bedeutet, dass ein Unternehmen aufgrund finanzieller Schieflage nicht mehr fähig ist, seine Schulden zu bezahlen. Das passiert dann, wenn die Ausgaben die Einnahmen langfristig übersteigen. Zu unterscheiden ist hier noch die Überschuldung, die aus den gleichen Gründen entsteht, aber bei der absehbar ist, dass diese noch rückgängig gemacht werden kann. Eine Insolvenz hingegen tritt dann ein, wenn kein Rückweg mehr zu sehen ist.
Das heute bekannte Insolvenzrecht besteht seit der Insolvenzrechtsreform 1999. Bis dahin sprach man noch von Konkurs nach der Konkursordnung. Der Begriff Insolvenz hat sich in Deutschland erst mit der Reform etabliert. Das Insolvenzrecht ist in der Insolvenzordnung (InsO) gesetzlich geregelt.
Regelinsolvenz vs. Verbraucherinsolvenz
Die Insolvenzordnung (InsO) unterscheidet zwei Arten von Insolvenzverfahren: das Regelinsolvenzverfahren und das Verbraucherinsolvenzverfahren.
Der Grundfall der Insolvenzordnung ist die Unternehmensinsolvenz. Ein solches Insolvenzverfahren wird als Regelinsolvenzverfahren bezeichnet.
Kommt es bei Personen zur Zahlungsunfähigkeit, die nicht oder nicht mehr unternehmerisch tätig sind, spricht man von einem Verbraucherinsolvenzverfahren.
Die Hauptunterschiede zwischen Regelinsolvenz und Verbraucherinsolvenz liegen in der Zielgruppe und der Komplexität des Verfahrens. Die Regelinsolvenz richtet sich an juristische Personen und Selbstständige und ist flexibler hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten (z. B. Insolvenzplan). Die Verbraucherinsolvenz ist hingegen für Privatpersonen gedacht und durchläuft ein standardisiertes, vereinfachtes Verfahren, das auf die schnelle Entschuldung und Restschuldbefreiung abzielt.
Video: Insolvenz einfach erklärt
Insolvenzgründe
Laut Insolvenzordnung kann ein Insolvenzverfahren aus drei Gründen eröffnet werden:
- Zahlungsunfähigkeit
Eine Zahlungsunfähigkeit liegt gemäß Insolvenzordnung vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, fällige Zahlungspflichten zu erfüllen. In einem Urteil von 2005 hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgelegt, dass die Zahlungsunfähigkeit dann gegeben ist, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, innerhalb von drei Wochen 90 Prozent seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu begleichen. - Drohende Zahlungsunfähigkeit
Die Insolvenzreife kann auch erreicht werden, wenn das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist. Und zwar dann, wenn bereits absehbar ist, dass der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, bestehende Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. - Überschuldung
Der dritte Insolvenzgrund ist eine Überschuldung des Unternehmens. Diese liegt gemäß Insolvenzordnung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Allerdings nur, wenn dabei auch die Fortführung des Unternehmens sehr unwahrscheinlich ist.
Ziele des Insolvenzverfahrens
Die Insolvenzordnung nimmt im Falle einer Insolvenz alle betroffenen Parteien in den Blick: Schuldner, Gläubiger, Investor und alle weiteren Personen, die direkt oder indirekt von einer Insolvenz betroffen sind. Gläubiger sollen befriedigt und Schuldnern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 InsO). Das Insolvenzverfahren verfolgt demnach zwei Ziele:
- Die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens soll im Rahmen des Insolvenzverfahrens wiederhergestellt werden.
- Durch das Insolvenzverfahren soll das noch vorhandene Vermögen des Unternehmens (Insolvenzmasse) zu Geld gemacht werden, um die Ansprüche der Gläubiger möglichst schnell und entsprechend ihrer Rangfolge zu befriedigen.
Rechtslage zur Insolvenz
Insolvenzrechtsreform 2021: Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts
Die jüngste Reform des Insolvenzrechts trat am 1.1.2021 in Kraft. Hauptziel der Reform war es, von Insolvenz bedrohte Firmen in die Lage zu versetzen, sich aus eigener Kraft zu retten – ohne dass es überhaupt zu einem Insolvenzverfahren kommt. Insbesondere bietet die Einführung des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (StaRUG) Sanierungsoptionen außerhalb eines formellen Insolvenzverfahrens.
Hier die wichtigsten Punkte des Entwurfs des neuen Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG):
- Die Frist für die Stellung des Insolvenzantrags verdoppelt sich für überschuldete Unternehmen von drei auf sechs Wochen. Achtung: Für zahlungsunfähige Unternehmen bleibt sie aber weiterhin bei drei Wochen.
- Der Prognosezeitraum für eine drohende Zahlungsunfähigkeit wird auf 24 Monate festgesetzt, für eine Überschuldung auf 12 Monate.
- Kernstück der Reform ist, dass Unternehmen künftig eigenständig einen Restrukturierungsplan aufstellen, in dem sie alle Maßnahmen aufführen, die für die Sanierung des Betriebs notwendig sind.
- Diesen Plan sollen sie umsetzen können, wenn mindestens 75 Prozent der Gläubiger diesem zustimmen. Bislang war hierfür die Einstimmigkeit der Gläubiger nötig.
Info
Exkurs: Vorübergehende Erleichterungen aufgrund der Corona-Krise
Aufgrund der wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Pandemie hatte der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht vom 1. März 2020 bis 1. Mai 2021 in bestimmten Fällen ausgesetzt. In finanzielle Schieflage geratene Unternehmen mussten in diesem Zeitraum nicht – wie sonst – innerhalb von drei Wochen nach Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellen. Stattdessen bekamen sie die Möglichkeit, eine drohende Insolvenz abzuwenden, indem sie staatliche Hilfen beantragten oder Sanierungsbemühungen vorantrieben. Seit dem 1. Mai 2021 gelten wieder die normalen Regelungen zur Insolvenzantragspflicht.
Insolvenzgeld
Ein weiterer Aspekt des Insolvenzrechts ist das Insolvenzgeld. Das bekommen Arbeitnehmer, wenn ihr Arbeitgeber das Gehalt aufgrund einer Insolvenz nicht mehr zahlen kann. Das Insolvenzgeld trägt die Agentur für Arbeit. Die Regelungen für das Insolvenzgeld finden sich daher im dritten Sozialgesetzbuch (SGB III).
Um Insolvenzgeld beziehen zu können, muss zur Zeit der Insolvenz noch ein fester Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen bestehen. Dabei ist unerheblich, ob es sich um Vollzeit, Teilzeit oder eine Ausbildungsstelle handelt. Den Anspruch auf Insolvenzgeld hat jeder Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag, der ein Gehalt vorsieht. Die Höhe des Insolvenzgelds ergibt sich aus der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung und umfasst die letzten drei Monate vor der Insolvenzeröffnung. Der Antrag auf Insolvenzgeld muss vom Arbeitgeber gestellt werden. Dazu ist auch eine Insolvenzgeldbescheinigung notwendig, die von der Insolvenzverwaltung ausgestellt wird.
Der Ablauf des Insolvenzverfahrens
Der Ablauf eines Insolvenzverfahrens ist in mehrere Phasen zu unterteilen. In jeder dieser Phasen gibt es unterschiedliche Rechte und Pflichten für Unternehmen im Rahmen des Regelinsolvenzverfahrens.
1. Insolvenzantrag stellen
Ist ein Unternehmen zahlungsunfähig, muss beim zuständigen Insolvenzgericht ein Antrag auf Insolvenz gestellt werden. Den Antrag kann entweder der Unternehmer selbst stellen (Eigenantrag) oder ein Gläubiger, der seine Zahlungen nicht erhält (Fremdantrag).
Info
Fristen für den Insolvenzantrag
Kommt es bei juristischen Personen (z. B. GmbH oder AG) zu einer Überschuldung oder zu einer Zahlungsunfähigkeit, muss der Geschäftsführer innerhalb einer bestimmten Frist einen Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht stellen. Diese Frist beträgt drei Wochen im Falle der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung. Das bedeutet im Klartext: Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung muss ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber nach drei bzw. sechs Wochen ein Insolvenzantrag gestellt werden.
Der Insolvenzantrag kann nicht formlos gestellt werden. Es muss das vom Gericht vorgegebene Formular vollständig und mit korrekten Angaben ausgefüllt werden. Er muss außerdem beim örtlichen „sachlich zuständigen“ Insolvenzgericht gestellt werden. Für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist grundsätzlich das Amtsgericht sachlich zuständig, in dessen Bezirk das Unternehmen den Sitz seiner gewerblichen Niederlassung hat. Existieren mehrere Niederlassungen, ist der Sitz der Hauptniederlassung für die Bestimmung des zuständigen Amtsgerichts maßgeblich. Gibt es keine gewerbliche Niederlassung, ist das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Wohnsitz des Schuldners befindet.
Tipp
Mit Rechtsanwalt zusammenarbeiten
Um hier keine Fehler zu machen und gegebenenfalls über das Vermögen des Unternehmens für Schulden in Haftung genommen zu werden, sollten Sie bereits in dieser Phase einen Rechtsanwalt mit dem Ausfüllen des Insolvenzantrags beauftragen.
2. Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Eröffnungsbeschluss
Kommt das Insolvenzgericht bei der Überprüfung des Insolvenzantrags zur Erkenntnis, dass ein Eröffnungsgrund vorliegt und ausreichend Vermögen (Masse) vorhanden ist, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu tragen, eröffnet es das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren durch einen Beschluss (§§ 27, 30 InsO).
Im Rahmen dieses Eröffnungsverfahrens kann das Gericht Sicherungsmaßnahmen treffen (z. B. Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen).
Die wichtigsten Aufgaben des Insolvenzgerichts sind diese:
- Prüfung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und einhergehende Entscheidung inklusive Benennung des Eröffnungsgrunds
- Anordnung vorläufiger Maßnahmen nach § 21 InsO (zum Beispiel die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, eines vorläufigen Gläubigerausschusses oder eine vorläufige Postsperre)
- Bestellung und Beaufsichtigung des Insolvenzverwalters
- Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahrens
- Einberufung des Gläubigerausschusses und der Gläubigerversammlung
3. Bestellung des Insolvenzverwalters
Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist, darf der Schuldner nicht mehr über sein Vermögen verfügen. Stattdessen bestellt das Gericht einen Insolvenzverwalter, auf den alle Verwaltungs- und Verfügungsrechte mit dem Eröffnungsbeschluss übergehen. Primäre Aufgabe des Insolvenzverwalters ist die Sicherung und Verwaltung der Insolvenzmasse, die unter den Gläubigern aufzuteilen ist.
Er koordiniert den weiteren Ablauf, bewertet die Lage des Unternehmens und kommuniziert die Abläufe zwischen den einzelnen Beteiligten. Der Insolvenzverwalter versucht dabei einerseits, Gläubigerinnen und Gläubiger zu befriedigen und andererseits, das Vermögen des Unternehmens weitestgehend zu bewahren. Dazu inventarisiert er das Vermögen, prüft Forderungen und verwertet die Insolvenzmasse.
4. Insolvenzbekanntmachung
Eröffnet das Insolvenzgericht ein Insolvenzverfahren, wird die Zahlungsunfähigkeit durch das Gericht im Insolvenzregister veröffentlicht. Das gilt gleichermaßen für Regelinsolvenzverfahren und Verbraucherinsolvenzverfahren. Durch die Veröffentlichung des Insolvenzverfahrens sollen Gläubiger informiert und in die Lage versetzt werden, ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anzumelden.
Info
Rückkehr zu regulären Insolvenzantragsfristen und Fortführungsprognosen ab 2024
Aufgrund der Corona-Krise wurden viele Regelungen gelockert oder ausgesetzt. So wurde zeitweise auch die Insolvenzantragspflicht ausnahmsweise ausgesetzt. Seit dem 1.1.2024 sind auch die letzten beiden Sonderregelungen weggefallen: Diese betreffen die Antragsfrist bei Überschuldung und die Fortführungsprognose. Für den Insolvenzantrag im Rahmen des Insolvenzgrundes Überschuldung gilt seit 2024 wieder die übliche Sechswochenfrist (statt acht Wochen). Während Corona galt für die Fortführungsprognose ein reduzierter Prognose-Zeitraum von vier Monaten. Seit 2024 gilt hier wieder eine längere Fortführungsprognose von zwölf Monaten.
5. Festlegung der Gläubigerversammlung
Alle Gläubiger erhalten den Aufruf, innerhalb von einem definierten Zeitraum ihre Insolvenzforderungen anzumelden. Erst nach Einberufung der Gläubigerversammlung können Insolvenz-Ansprüche angemeldet werden. Laut § 28 InsO bewegt sich diese Frist in der Regel zwischen zwei Wochen und drei Monaten. In dieser Zeit versucht der Insolvenzverwalter das übrige Geld auf die Gläubiger aufzuteilen. Natürliche Personen stellen hierzu ihr pfändbares Vermögen bereit, juristische Personen hingegen eine bestimmte Insolvenzmasse. Die Aufgabe des Insolvenzverwalters besteht zusätzlich darin, die Insolvenzmasse zu verwerten. Hierbei werden Wirtschaftsgüter oder Betriebsausstattungen wie Maschinen verkauft. Der Erlös geht danach direkt an die Gläubiger.
6. Aufhebung des Insolvenzverfahrens
Ist das Verfahrensziel erreicht, können der Insolvenzverwalter oder der Schuldner einen Antrag auf Aufhebung des Verfahrens stellen.
Vor Aufhebung des Verfahrens kommt es zur Schlussverteilung, in der der Insolvenzverwalter nach der Genehmigung durch das Insolvenzgericht (§ 196 Abs. 2 InsO) die Verteilung der restlichen Masse gemäß dem abschließendem Verteilungsverzeichnis (Schlussverzeichnis) durchführt. In einer letzten Gläubigerversammlung, dem sogenannten Schlusstermin, wird unter anderem die Schlussrechnung des Insolvenzverwalters erörtert.
Nach der Schlussverteilung prüft das Insolvenzgericht abschließend, ob alle Verfahrensschritte ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Stehen keine Hindernisse entgegen, erfolgt nach § 200 InsO die Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Aufhebungsbeschluss.
Insolvenzverschleppung
Stellen Sie als verantwortlicher Geschäftsführer keinen oder einen verspäteten Insolvenzantrag, machen Sie sich grundsätzlich wegen Insolvenzverschleppung strafbar. Je nach Schwere des Vergehens drohen folgende Strafen:
- Bei vorsätzlicher Insolvenzverschleppung kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verhängt werden.
- Bei einer fahrlässigen Insolvenzverschleppung droht eine Gefängnisstrafe von maximal einem Jahr oder alternativ eine Geldstrafe.
Insolvenzstraftaten
Insolvenzstraftaten sind spezifische Delikte, die im Zusammenhang mit einem laufenden Insolvenzverfahren stehen. Gesetzlich geregelt sind sie in den §§ 283 bis 283d des deutschen Strafgesetzbuchs (StGB). Diese Straftaten können sowohl von Schuldnern als auch von Dritten begangen werden und zielen darauf ab, die ordnungsgemäße Durchführung des Insolvenzverfahrens zu untergraben oder die Gläubiger zu benachteiligen. Hier sind einige Beispiele für Insolvenzstraftaten:
Beispiele für Insolvenzstraftaten sind diese:
- Bankrott (§ 283 StGB): Vortäuschung des Bankrotts durch den oder die Schuldner, um heimlich Vermögen beiseitezuschaffen. Als Strafe droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.
- Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b StGB): Der Schuldner täuscht über seine wirtschaftliche Lage, indem er unter anderem eine ordnungsgemäße Buchführung oder Bilanzierung unterlässt oder Handelsbücher und Unterlagen verheimlicht oder sogar vernichtet. Auch dafür können zwei Jahre Haft verhängt werden.
- Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB): Der Schuldner bevorzug bestimmte Gläubiger in einer Weise, die andere Gläubiger benachteiligt. Es drohen Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
- Schuldnerbegünstigung (§ 283d StGB): Hilft eine dritte Person, die Kenntnis von der drohenden Insolvenz hat, dem Schuldner dabei hilft, den Gläubigern Vermögenswerte zu entziehen. Es drohen Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
Tipp
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Insolvenz vermeiden
Es gibt zahlreiche Hinweise, die Unternehmer vor einem drohenden Insolvenzrisiko warnen. Vor allem folgende Kennzahlen und Indizien sprechen dafür, dass Zahlungsschwierigkeiten drohen:
- Umsatz: Der Umsatz ist im Vergleich zum Vorjahr beziehungsweise zum Vorjahresmonat – insbesondere wegen der Corona-Krise – rückläufig.
- Preisverfall: Die Preise für bestimmte Produkte geraten wegen Konkurrenzprodukten unter Druck und müssen gesenkt werden.
- Rendite/Eigenkapital: Die Rendite sinkt und das Eigenkapital ist beinahe aufgebraucht.
- Zahlungsmoral: Sie haben hohe Forderungen an Kunden, die nicht bezahlen – aus welchen Gründen auch immer.
- Vorkasse: Ihre Geschäftspartner beliefern Sie nur noch gegen Vorkasse, weil Sie bereits häufig in finanziellen Schwierigkeiten waren.
- Bank: Die Bank lässt wegen ungedeckter Konten Lastschriften zurückgehen.
- Das Formular zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung: Wenn Sie als Einnahmen-Überschuss-Rechner beim Ausfüllen des Formulars für das Finanzamt ein Übergewicht der Ausgaben gegenüber den Einnahmen feststellen, sollten Sie rasch gegensteuern.
Tipp
Tax-Compliance-Prüfung zur Analyse der Zahlungsfähigkeit
Falls Sie einen Steuerberater haben, lassen Sie ihn im Rahmen einer Tax-Compliance-Prüfung Ihre Zahlungsfähigkeit beziehungsweise Liquidität analysieren.
Handlungsempfehlungen bei drohender Insolvenz
Sollte sich herausstellen, dass Ihr Unternehmen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit steht, haben Sie verschiedene Möglichkeiten, Ihr Unternehmen noch zu retten. Ihr Ziel sollte es sein, die Insolvenz durch ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren mit den Gläubigern zu vermeiden. Denkbar sind in diesem Zusammenhang vier Szenarien:
1. An Gläubiger herantreten und auf drohende Insolvenz hinweisen
Die Insolvenz ist für Gläubiger die schlechteste aller Lösungen, weil sie nicht wissen, ob der Insolvenzverwalter das Unternehmen fortführt oder es liquidiert. Gläubiger haben es also bei einer Insolvenz nicht mehr selbst in der Hand, ob sie wenigstens einen Teil ihrer Forderungen eintreiben können. Deshalb stehen sie konkreten Vorschlägen zur Rettung Ihres Unternehmens sehr oft offen und konstruktiv gegenüber.
Tipp
Verhandlung über Teilerlass zur Vermeidung von Insolvenz
Nutzen Sie die Chance auf Teilerlass der Forderungen. Gehen Sie auf Ihre Gläubiger zu und bieten Sie ihnen an, z. B. 30 Prozent der Forderung zu begleichen – wenn diese gleichzeitig auf die Restzahlung verzichten. Weisen Sie darauf hin, dass Sie andernfalls die Insolvenz beantragen müssen. Die Chancen stehen gut, dass Ihre Gläubiger einverstanden sind, um bei einer Insolvenz nicht mit leeren Händen dazustehen.
2. Besteht ein Eigentumsvorbehalt?
Haben Sie einen Eigentumsvorbehalt auf Waren, die Sie dem Kunden geliefert haben, können Sie den restlichen Kaufpreis vom Insolvenzverwalter verlangen oder vom Vertrag zurücktreten und die Herausgabe verlangen. Ihre Ware kommt dann gar nicht erst in die Insolvenzmasse.
Verfügen Sie dagegen über keinen Eigentumsvorbehalt, gehören Sie zu den einfachen Insolvenzgläubigern. In diesem Fall erhalten Sie Ihre Forderungen nur anteilig aus der Insolvenzmasse zurück (anhand der Insolvenztabelle).
Praxis-Tipp: Gehen Sie kein unnötiges Risiko ein! Falls der Insolvenzverwalter des insolventen Kunden Sie bitten sollte, dem Unternehmen weiter Ware zu liefern, sollten Sie dafür sicherheitshalber immer Zahlung durch Vorkasse vereinbaren oder sich vom Insolvenzverwalter eine Zahlungsgarantie ausstellen lassen.
3. Suchen Sie sich einen Partner als Geldgeber
Wollen Sie die Geschäftsbeziehungen zu Ihren Lieferanten und Gläubigern nicht aufs Spiel setzen, müssen Sie sich in der schwierigen Situation private Geldgeber suchen, die sich an Ihrer Firma beteiligen.
- Vorteil: Mit den Einlagen dieser neuen Mitunternehmer oder Gesellschafter wird die Zahlungsunfähigkeit verhindert.
- Nachteil: Sie können bei betrieblichen Entscheidungen meist nicht mehr eigenständig handeln.
Tipp
Beratung zur optimalen Beteiligungsform durch den Steuerberater nutzen
Hier kommt wieder der Steuerberater ins Spiel. Beauftragen Sie ihn damit, die optimale Beteiligungsform zu finden: Beteiligung, Mitunternehmerschaft, atypisch stille oder stille Beteiligung, Beteiligungsdarlehen (partiarisches Darlehen) etc.
4. Retten Sie Ihr Unternehmen durch einen gezielten Insolvenzantrag
Manchmal ist die gezielte Insolvenz eine gute Lösung, um das Überleben des Unternehmens langfristig zu gewährleisten. Der Grund: Der vom Amtsgericht bestellte Insolvenzverwalter hat deutlich mehr Freiheiten als der Firmenchef: Er kann beispielsweise kostspielige Arbeitsverträge lösen und dringend notwendige Entlassungen schneller durchsetzen.
Tipp
Hilfreiche Infos zur Förderung der Liquidität Ihres Unternehmens
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- Energiekosten senken: Diese Möglichkeiten haben Unternehmen
- Lagerkosten senken: So steigern Sie die Liquidität
Möglichkeiten in der Insolvenz
Auch wenn es am Ende zur Insolvenz kommt, bedeutet dies nicht unbedingt das Aus bzw. die Liquidation Ihrer Firma. Sie haben in der Insolvenz folgende Möglichkeiten:
- Stille Insolvenz: Gläubiger verzichten auf einen Teil ihrer Forderungen.
- Übertragene Sanierung: Die bisherige Gesellschaft wird liquidiert und eine Auffanggesellschaft gegründet, die die Geschäfte übernimmt.
- Insolvenzplanverfahren: Die Gesellschaft wird weitergeführt, muss sich jedoch an ein gerichtlich überwachtes Sanierungskonzept halten.
Handlungsempfehlungen bei Insolvenz von Kunden, Lieferanten oder Dienstleistern
Insolvenz eines Kunden
Die Energiekrise trifft aktuell viele Unternehmen hart. Auch Ihre Kunden sind davor leider nicht gefeit. Bricht ein wichtiger Kunde aufgrund einer Insolvenz weg, kann dies auch ein finanziell stabiles Unternehmen sehr belasten. Vor allem Kleinunternehmen können durch Kundeninsolvenzen selbst in die Insolvenz rutschen. Aber was können Sie tun, wenn ein Kunde von Ihnen insolvent wird?
Nehmen Sie Kontakt mit dem Insolvenzverwalter auf
Sobald Sie von der Insolvenz eines Kunden erfahren, bei dem Sie noch offenen Rechnungen bzw. Forderungen haben, sollten Sie umgehend den Insolvenzverwalter kontaktieren und Ihre Forderungen geltend machen. Um die Forderungen anzumelden, empfiehlt es sich, die amtlichen Formulare zu nutzen, die von jedem Gericht zur Verfügung gestellt werden.
Insolvenz von Lieferanten und Dienstleistern
Nicht nur Kunden können aufgrund einer Insolvenz ausfallen, sondern auch wichtige Dienstleister oder Lieferanten. Auch dies kann die eigene wirtschaftliche Situation enorm beeinflussen, denn schließlich ist man ja auf die Lieferungen bzw. Dienstleistungen der Geschäftspartner angewiesen. Steht die eigene Produktion aufgrund eines Lieferstopps still, ist dies gerade für kleinere Unternehmen der Supergau.
Aus diesem Grund ist es zum einen wichtig, bereits im Vorfeld mögliche Geschäftspartner auf ihre Solvenz hin zu prüfen. Zum anderen sollten Sie sich schon vor dem Ernstfall Gedanken darüber machen, was im Fall der Fälle – beim Ausfall eines wichtigen Zulieferers oder Dienstleisters – zu tun ist.
Fazit zum Insolvenzverfahren
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Insolvenz mag zunächst beängstigend erscheinen, doch ein fundiertes Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen, des Ablaufs und der verfügbaren Handlungsoptionen kann entscheidend dazu beitragen, die besten Entscheidungen in einer Krisensituation zu treffen. Insolvenz muss nicht das Ende eines Unternehmens bedeuten; vielmehr kann sie eine Chance für Neuanfang und Restrukturierung bieten. Wichtig ist, frühzeitig professionelle Beratung einzuholen und proaktiv zu handeln, um die Kontrolle über die Situation zu behalten und die bestmöglichen Ergebnisse für das Unternehmen und seine Stakeholder zu erzielen.