Trendradar: Energiekrise Follow-up

In Österreich wurde „Energiekrise“ kürzlich zum Unwort des Jahres gewählt und auch hierzulande besteht durchaus die Wahrscheinlichkeit, dass der Begriff es auf die vorderen Plätze schafft. Schließlich spüren wir alle tagtäglich die Auswirkungen der aktuellen Krise. Die Regierung versucht dem zwar mit Maßnahmen, wie den heute beschlossenen Strom- und Gaspreisbremsen entgegenzuwirken, doch kommen diese Bemühungen wirklich an?

Zuletzt aktualisiert am 09.10.2024

Diese Frage stellt sich insbesondere bei Selbstständigen, Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen, die wir schon im August zu den Belastungen und Folgen der Energiekrise befragt haben. Damals das Ergebnis: Viele zeigten sich besorgt, verunsichert und überfordert angesichts der Situation. Seitdem sind über drei Monate vergangen, in denen sich die Gasspeicher gefüllt und die Bundesregierung neue Maßnahmen auf den Weg gebracht hat. Doch hat sich dadurch die Lage tatsächlich entspannt oder stehen KKUs inzwischen sogar noch stärker unter Druck? Um Antworten zu finden, haben wir sie nochmal befragt. 

Wenig Hoffnung auf ein besseres 2023 

Generell lässt sich festhalten, dass sich die Stimmung trotz beschlossener Entlastungen nicht wirklich verbessert hat, eher im Gegenteil: Blickte im August noch knapp die Hälfte der Befragten (47 Prozent) zuversichtlich in ihre unternehmerische Zukunft, sind es heute nur noch gut ein Drittel (36 Prozent). Gleichzeitig empfinden genauso viele (36 Prozent), dass sie in der aktuellen Situation allein gelassen werden und ein Viertel der Befragten (25 Prozent) berichtet sogar von Existenzängsten.  

 

Gerade bei den Solo-Selbstständigen und den Kleinstunternehmer:innen scheint sich die Lage in den letzten Monaten verschärft zu haben – inzwischen berichten 26 Prozent von ihnen von Existenzängsten, im August waren es noch minimal weniger (24 Prozent). Dagegen haben zumindest von den Kleinunternehmer:innen etwas weniger Existenzängste (September: 21 Prozent, Dezember: 18 Prozent), doch auch diese Zahl ist weiterhin besorgniserregend hoch. 

Der Staat hilft endlich – aber ungenügend

Immerhin hat die Bundesregierung endlich erkannt, dass sie Selbstständige und KKUs besser unterstützen muss. Die sogenannten Entlastungspakete haben in dieser Hinsicht bisher jedoch sehr viel zu wünschen übriggelassen. Bei den aktuellen Maßnahmen war das zwar anders – kleinere und mittlere Unternehmen wurden explizit mitgedacht – doch vielen gehen sie schlicht nicht weit genug. Beispiel Strom- und Gaspreisbremsen: Nur ein Fünftel aller Befragten (21 Prozent) bewertet diese tatsächlich als hilfreich. 37 Prozent sind dagegen der Meinung, dass eine oder beide Bremsen zu niedrig angesetzt sind. Erschrecken sollte uns aber etwas anderes: Jeder Zehnte (11 Prozent) befürchtet, dass jegliche Preiserhöhung ihn in eine prekäre Lage bringen wird. Die gilt insbesondere für Solo-Selbstständige – mehr als zwei Millionen Menschen in Deutschland – von ihnen stimmten 13 Prozent dieser Aussage zu. 

 

Noch deutlicher ist allerdings die Kritik an der Dezember-Soforthilfe für Gas. Nur ein Viertel (25 Prozent) findet die Maßnahme grundsätzlich gut, wobei 13 Prozent sie auch noch als zu niedrig empfinden. Die Mehrheit (43 Prozent) zweifelt aber gleich an ihrer Sinnhaftigkeit, da – wie wir alle wissen – solche Einmalzahlungen in der Regel verpuffen. In ihren Augen wäre es besser gewesen, das Geld in die Strom- und Gaspreisbremsen zu investieren, um bei diesen niedrigere Preisobergrenzen zu realisieren. Daher sollte es niemanden verwundern, dass sich Selbstständige und Unternehmer:innen von staatlicher Seite weiterhin nur schlecht unterstützt fühlen. Der Wert ist zwar von 71 Prozent auf 58 Prozent gesunken, damit aber noch immer auf hohem Niveau. 

 

Die Kostendeckung wird zur Herausforderung 

Dementsprechend bleibt den Befragten im Grunde keine andere Möglichkeit, als sich selbst zu helfen und eigene Maßnahmen zu ergreifen. Im August hatten erst 45 Prozent der Befragten mit dem Energiesparen angefangen, inzwischen sind es bereits knapp zwei Drittel (65 Prozent). Weitere 14 Prozent machen sich zumindest Gedanken darüber, was sie tun können. 

 

Dazu gehört auch Kosten umlagern und Preise erhöhen: Drei von fünf Befragten (61 Prozent) haben diesen Schritt bereits unternommen, doch ohne Risiko ist er nicht. Jeder Dritte (31 Prozent) hat dadurch Kundschaft verloren. Daher können immer weitere Preissteigerungen auch nicht die Antwort sein. Immerhin scheinen Entlassungen und Kurzarbeit derzeit nur bei wenigen Betrieben (neun Prozent) notwendig zu sein. Doch bleibt dies auch dann noch so, wenn sich die Situation in einigen Monaten nicht signifikant verbessert hat? 

 

Was dabei auch eine Rolle spielt: Können Selbstständige und KKUs ihre Kosten weiterhin durch das laufende Geschäft decken oder nicht? Zwischen August und Dezember hat sich die Anzahl derjenigen, bei denen dies wahrscheinlich zutrifft, nur minimal von 40 Prozent auf 44 Prozent erhöht. Die Unsicherheit ist also weiterhin hoch und vielen fehlt aktuell die Planungssicherheit. Und einer von zehn Befragten (zwölf Prozent) hat überhaupt keine Rücklagen mehr für den Notfall. Wann auch sollen sie diese auffüllen? Ob Solo-Selbstständige, Kleinst-, Klein- oder mittleres Unternehmen – nach drei Krisenjahren in Folge sind viele Ressourcen endgültig erschöpft. 

Fazit

Mit Blick auf ihre Finanzen überlegen 16 Prozent der Befragten derzeit ernsthaft, ob sie ihr Geschäft aufgeben sollen. Sollte es tatsächlich so kommen, wäre dies ein erheblicher Verlust für unsere Wirtschaft, unsere Städte und Gemeinden, unseren Alltag. Und für sehr viele Menschen würde es das Ende ihres beruflichen Lebenstraums bedeuten. Wir sollten und wir müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um das zu verhindern. Die Bundesregierung hat das zwar auch inzwischen erkannt, aber die Maßnahmen entlasten immer noch zu wenig. Doch auch Verbraucher:innen können die Unternehmer:innen und die Selbstständigen unterstützen. Gerade jetzt im Weihnachtgeschäft können Sie, sofern sie es sich aktuell leisten können, einen Beitrag leisten: Indem sie regional und lokal einkaufen und wann immer möglich den Einzelhandel dem Discounter vorziehen.  

* Methodik 
Lexware hat im Zeitraum vom 01. bis zum 05. Dezember 2022 1.505 seiner Kund:innen per Online-Fragebogen zu den Belastungen und Folgen der Energiekrise befragt.