Die aktuelle Rechtsprechung
Mit den Corona-Soforthilfen haben Bund und Länder im Frühjahr 2020 Unternehmen und Selbstständige finanziell unterstützt. Unternehmen, die sich auf Grund der Pandemie in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage mit Liquiditätsengpässen befanden, konnten Zuschüsse von meist bis 9.000 Euro erhalten. Zum Jahreswechsel 2021/2022 hat in vielen Bundesländern das Rückmeldeverfahren zur Corona-Soforthilfe begonnen.
Aufgrund der Rückmeldungen stellte sich heraus, dass die Liquiditätsengpässe in vielen Fällen geringer ausgefallen sind als ursprünglich gedacht. Betroffene Unternehmen und Selbstständige haben daher Rückzahlungsbescheide erhalten, in denen sie aufgefordert wurden, meist einen Teilbetrag der Soforthilfen zurückzuzahlen. In der Regel gab es für die Rückzahlung relativ großzügige Fristen.
Einige Unternehmer haben gegen die Rückzahlungsbescheide Einspruch eingelegt bzw. geklagt und vor Gericht Recht bekommen, etwa in NRW. Allerdings gab es hier eine Besonderheit: Das Land hatte die Soforthilfen zunächst pauschal gewährt, stellte sich aber später auf den Standpunkt, dass die Bewilligung der Soforthilfe in allen Fällen nur vorläufig und unter dem Vorbehalt einer Nachprüfung gezahlt wurden. Die Gerichte entschieden hier u.a., dass es in den Bewilligungsbescheiden keinen Hinweis auf mögliche Rückzahlungen gegeben habe und Unklarheiten in der Informationsgestaltung zu Lasten der Behörden gehe.
Info
Bislang kein Rechtsanspruch auf Erstattung
Wichtig ist, dass die Gerichte bisher betont haben, dass nur die Unternehmer die Hilfen nicht zurückzahlen müssen, die gegen den Schlussbescheid Einspruch eingelegt haben. Ist der Schlussbescheid rechtskräftig, musste die Rückzahlung vollständig bis zum gesetzten Termin, meist Ende Juni 2023, erfolgen. In NRW wurden zahlreiche Anträge auf Soforthilfe genehmigt, ehe eine Liquiditätslücke zur Bedingung für die Hilfen gemacht wurde. Unternehmer, die die Hilfe vor Einführung der Lücke beantragt haben, müssen diese nicht zurückzahlen, unabhängig davon, ob sie finanzielle Einbußen hatten oder nicht.
Bisherige Gerichtsentscheide werden noch überprüft
Damit standen potenziell alle Unternehmer, die mit Rückzahlungsforderungen konfrontiert waren, vor der Frage, ob sie der Zahlungsaufforderung nachkommen oder Einspruch einlegen und ggf. klagen sollen. Die Chancen scheinen nach den bisherigen Gerichtsentscheiden gut zu stehen. Allerdings muss noch abgewartet werden, ob sich die höheren Instanzen, hier die Oberverwaltungsgerichte, den aktuellen Urteilen anschließen werden.
Das mussten Unternehmen beachten
Die Rückzahlung von Corona-Soforthilfen kann Unternehmen vor Herausforderungen stellen. Deshalb sollten Unternehmer und Selbstständige Folgendes beachten:
1. Liquiditätsengpässe vermeiden
Unternehmer, die sich mit unerwarteten Rückzahlungsforderungen konfrontiert sehen, können u.U. erneut Liquiditätsengpässe bekommen, wenn sie eine Rückzahlung nicht eingeplant hatten oder sich aktuell wieder in einer schwierigen Lage befinden, etwa wegen der Energiekrise und der damit verbundenen hohen Energiekosten oder steigender Beschaffungskosten. Allerdings zeigten sich viele Behörden großzügig und gewährten Betroffenen die Möglichkeit, sich mit den Rückzahlungen Zeit zu lassen, in Bayern sogar bis zum 31.12.2023.
Darüber hinaus gab es in mehreren Bundesländern auch den Weg, Stundungen mit Ratenzahlungen zu nutzen, um existenzbedrohende Engpässe zu vermeiden. Entsprechende Regelungen bzw. Informationen gab es für die meisten Bundesländer. In der Regel sind die Staats- bzw. Wirtschaftsministerien oder die Landesbanken zuständig bzw. die Stellen, die die Soforthilfen bewilligt haben. Es gibt in den meisten Fällen FAQ-Listen, die als gute Anlaufstellen dienen.
Regelungen der Bundesländer zur Zurückzahlung der Corona-Soforthilfen im Einzelnen:
Tipp
Rücklagen, Stundungen und Kredit
Falls Sie als Unternehmer in jedem Fall Rückzahlungen leisten müssen, können Sie versuchen, Stundungen oder Ratenzahlungen zu vereinbaren. Allerdings gibt es keinen Rechtsanspruch auf Stundungen oder Ratenzahlungen.
Ggf. können Sie auch prüfen, ob die Hausbank bereit ist, einen entsprechenden Kredit zu gewähren. Bei eher kleinen Beträgen gibt es hier oft ein vereinfachtes Verfahren.
Bescheide prüfen
Inzwischen häufen sich auch die Fälle, in denen die Rückforderungsbescheide fehlerhaft und damit nicht rechtens sind. Sie sollten daher genau geprüft und ggf. angefochten werden, etwa mit einem Widerspruch, der in der Regel innerhalb eines Monats erfolgen muss. Auch hier gilt, dass in einigen Bundeländern wie NRW direkt geklagt werden muss, weil Widersprüche nicht möglich sind.
2. Unabhängigen Rat einholen
Unternehmer, die gegen Rückzahlungsbescheide Einspruch einlegen oder Klage erheben wollten, sollten sich, vorher unabhängigen Rat einholen, am besten durch einen Anwalt, der sich gut mit dem Thema auskennt. Es gibt auch Kanzleien, die einen kostenlosen Online-Check zur Erstprüfung anboten.
Grundsätzlich bestand schneller Handlungsbedarf. Sobald der Rückzahlungsbescheid vorlag, mussten Fristen eingehalten werden. Wer Einspruch einlegen wollte, musste das meist innerhalb einer Monatsfrist erledigt werden. Zudem mussten Unternehmer abwägen, ob die Kosten für Anwalt, Einspruch und mögliches Gerichtsverfahren in einer vernünftigen Relation zum Nutzen stehen. Die meisten Anwaltskanzleien boten kostenlose Erstgespräche und -prüfungen an, damit sich betroffene Unternehmer ein Bild machen und fundierter entscheiden konnten.
Hinweis: In einigen Bundesländern, etwa NRW, gab es kein formloses Widerspruchsverfahren. Unternehmer mussten direkt Klage einreichen und zwar ebenfalls innerhalb eines Monats.
3. Dokumentations- und Rückzahlungsverpflichtungen beachten
In jedem Fall mussten betroffene Unternehmen Formulare ausfüllen und genau belegen können, welche Einnahmen und Ausgaben sowie Umsatzausfälle sie i.d.R. zwischen März und Mai 2020 hatten.
Eine strukturierte Dokumentation über Umsatzeinbußen, Kostenentwicklung und erhaltener Finanz- sowie Soforthilfen konnte als Nachweis der Rechtmäßigkeit der erhaltenen Fördermaßnahmen helfen. Eine Arbeitshilfe unterstützte bei Erfassung und Dokumentation. Den Rückforderungsbescheiden lagen in der Regel eigene Formulare der jeweiligen Behörden bei, in die die Zahlen der eigenen Aufschriebe ggf. übertragen werden mussten.
Was passiert mit Unternehmen und Selbstständigen, die keine Schlussabrechnung vorgelegt haben?
Unternehmer, die bisher keine Schlussabrechnung vorgelegt haben, sollten sich ebenfalls professionellen Rat einholen und prüfen, wie sie damit umgehen. Noch gibt es keine einheitliche Vorgehensweise, aber es ist geplant, diesen Kreis von Coronahilfen-Empfängern nachträglich zu überprüfen.
Einige Experten gehen davon aus, dass die Länder bzw. die beauftragten Landesbanken das alleine aus Kapazitätsgründen nicht schaffen, und es in vielen Fällen dazu kommt, dass Unternehmer, die die Meldungen nicht abgegeben haben, ohne Rückzahlung davonkommen. Andere Experten glauben, dass es sehr wohl möglich ist, und ggf. nur etwas länger dauert, bis alle Prüfungen erfolgt sind.
Auf die Hoffnung, dass ihr Fall in Vergessenheit gerät, sollten sich Unternehmer aber nicht verlassen!
Fazit
Die Rückzahlung von Corona-Soforthilfen kann betroffene Unternehmer erneut in Liquiditätsprobleme bringen. Daher stellte sich die Frage, ob es sich lohnt, Einspruch oder Klage zu erheben – vor allem, weil es mehrere Gerichtsentscheide zu Gunsten der Subventionsempfänger gab (auch wenn diese noch nicht rechtskräftig sind).
Aufgrund der undurchsichtigen und komplexen Rechtslage empfahl es sich, bei dieser Frage einen Anwalt hinzuzuziehen. Nach aktuellem Stand haben Unternehmer, die keinen Einspruch erhoben haben und die Rückzahlung bereits geleistet haben, keinen Anspruch auf Erstattung mehr.
Für die Rückzahlung der zu viel bezahlten Corona-Soforthilfen hatten Unternehmer meist bis Ende Juni bzw. November 2023 Zeit. Es empfahl sich, bis dahin eine Liquiditätsreserve anzulegen oder von Stundungen oder Teilzahlungen Gebrauch zu machen.