Inkasso-Unternehmen beauftragen: 6 Tipps für Ihre Auswahl

Grundsätzlich gilt: Inkasso-Unternehmen übernehmen das aktive Forderungsmanagement und kennen alle relevanten Gesetze, Strategien und zur Verfügung stehenden Maßnahmen, um eine berechtigte Forderung einzutreiben. Wer Inkasso-Unternehmen beauftragt, profitiert im Idealfall von angeschlossenen Auskunfteien (z.B. die SCHUFA), die Bonitätsdaten zu Ihren Kunden einholen und so beurteilen, welche Vorgehensweise die wirtschaftlichste ist. Aber wie wählen Sie das Inkasso-Unternehmen aus, das perfekt zu Ihnen passt? Hier haben wir sechs praktische Tipps für Sie.

Zuletzt aktualisiert am 28.01.2025
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Inkasso: Die Definition und Bedeutung des Begriffs

Was bedeutet Inkasso und was genau ist ein Inkasso-Verfahren?

Die Bedeutung von Inkasso ist einfach erklärt: Inkasso bezeichnet das Einziehen von offenen Rechnungen und Forderungen eines Unternehmens. Der betriebswirtschaftliche Begriff hat seinen Ursprung im Italienischen und steht für „Geldeinzug“. Es ist Teil des Debitorenmanagements und eng mit dem Mahnwesen verbunden. Unternehmen können das Verfahren selbst durchführen oder spezialisierte Inkasso-Unternehmen damit beauftragen, die rechtssicher und systematisch vorgehen. Im Bankwesen ist Inkasso die Einziehung von Geldforderungen im eigenen oder fremden Auftrag.

In Bezug auf Inkasso gibt es zwei entscheidende Rollen:

  • Der Schuldner: Hierbei handelt es sich um eine Person oder Organisation, die eine Verpflichtung hat, etwas zu leisten. Die Leistung kann Geld, eine Sachleistung oder ein Vermögenswert sein.
  • Der Gläubiger: Auf der Gegenseite fordert der Gläubiger die Erfüllung dieser Verpflichtung. Diese steht oft als Gegenleistung für etwas, was bereits erbracht wurde (z.B. eine Dienstleitung oder Investition).

Tipp 1: Die Seriosität des Inkasso-Dienstleisters abklopfen

Begeben Sie sich gedanklich in die Rolle eines säumigen Schuldners. Sie haben gerade das erste Schreiben eines Inkassobüros erhalten. Der Tonfall des Briefs ist drohend und unverschämt. Schließlich geht es um einen geringen Betrag und das Schreiben ist die erste Mahnung.

Wollen Sie Ihren Kunden eine solche Erfahrung zumuten?

Das sollten Sie nur tun, wenn Sie keinen Wert auf eine langfristige Geschäftsbeziehung legen. Die meisten Leser werden jetzt aber schon innerlich gezuckt haben. Vielleicht hat der eine oder andere auch schon einmal eine Rechnung übersehen und ein derart übertriebenes Drohschreiben bekommen.

Um also bei Ihren Kunden kein schlechtes Gefühl zu erzeugen, sollten Sie ein seriöses Inkasso-Unternehmen auswählen, das entsprechend Ihrer Wünsche und der Kundenstruktur vorgeht und die passende Ansprache sowie Vorgehensweise wählt. Natürlich spielt die jeweilige Mahnstufe (ist es das erste oder das dritte Schreiben?) eine entscheidende Rolle. Während das erste Schreiben einer freundlichen Erinnerung gleichkommen kann, darf die wiederholte Zahlungsaufforderung auch drängende Formulierungen enthalten. Stimmen Sie den „Härtegrad“ der Formulierungen aber auf jeden Fall mit dem zukünftigen Inkasso-Unternehmen ab.

Info

Gründe für den Zahlungsverzug

Kunden lassen sich in Bezug auf die Gründe für den Zahlungsverzug in zwei Gruppen einteilen:

  1. Gewerbliche Kunden: Diese Gruppe gerät häufig in Verzug, weil ihnen gerade die nötigen Mittel fehlen. So kann es sein, dass sie gerade selbst auf eine Zahlung warten.Bei Zahlungsunfähigkeit ist Inkasso meist erfolglos, da kein Geld eingezogen werden kann.
  2. Private Kunden: Hier kann es durch vergessene Rechnungen oder Privatinsolvenz zum Zahlungsverzug kommen. Die Zahlungsunfähigkeit ist bei Privatpersonen tendenziell wahrscheinlicher als bei Unternehmen.

Tipp 2: Suchen Sie im Netz nach Kundenbeschwerden, bevor Sie ein seriöses Inkasso-Unternehmen beauftragen

Nicht nur die Ansprache an den Kunden ist ausschlaggebend für ein imageschonendes Inkasso. Recherchieren Sie vor der Wahl einer Firma im Internet und suchen Sie einfach nach „Erfahrungen mit Anbieter X“. Was lesen Sie hier? Wenige Einzelfälle oder seitenlange Diskussionen, die alle von ähnlichen Negativerfahrungen mit dem potenziellen Anbieter berichten?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ein Loblied auf eine Inkasso-Firma werden Schuldner niemals singen. Die Chance besteht, dass Sie bei ausnahmslos allen Kandidaten schlechte Erfahrungsberichte lesen. Dennoch handelt es sich hiermit um einen Schritt mit großer Bedeutung für Ihren Inkassoauftrag und hilft Ihnen, sich ein genaueres Bild zu machen.

Tipp

Betrachten Sie die Erfahrungsberichte im Detail

Lesen Sie aufmerksam. Welche Klientel beschwert sich hier? Sind die Klagen der Schuldner plausibel?

Wenn es sich primär um substanzlose Nörgeleien gemaßregelter Schuldner handelt, spricht nichts dagegen, das Inkasso-Unternehmen zu beauftragen.

Tipp 3: Mitgliedschaft in Branchenverbänden wie BDIU und Zulassung prüfen

In der Branche tummeln sich, entgegen der öffentlichen Meinung, nur wenige schwarze Schafe. Branchenverbände wie beispielsweise der BDIU (Branchenverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.) arbeiten daran, den Ruf der Inkasso-Dienstleister zu verbessern und unseriöse Anbieter zu eliminieren. Hier können sich Verbraucher auch beschweren, wenn ein Konflikt mit einer Inkasso-Firma besteht. Eine Garantie für ethisch einwandfreies und serviceorientiertes Verhalten ist die Mitgliedschaft im BDIU alleine natürlich noch nicht. Aber ein Unternehmen, dass sich die Mitgliedschaft leistet und sich den strengen Kodizes des BDIU unterwirft, wird mit großer Wahrscheinlichkeit seriös agieren.

Inkasso-Unternehmen benötigen eine Zulassung, da sie besonders geschützte Rechtsdienstleistungen erbringen. Diese Zulassung erteilt in der Regel das zuständige Landgericht. Beauftragen Sie ausschließlich Unternehmen, die im Rechtsdienstleistungsregister zu finden sind oder Ihnen die Zulassung zweifelsfrei belegen können.

Tipp 4: Vor Beauftragung den Service des Inkasso-Unternehmens testen

Um die Servicequalität eines seriösen Inkasso-Unternehmens zu testen, können Sie folgende Punkte prüfen:

  • Erreichbarkeit der Hotline
  • Kosten für Telefonate mit dem Anbieter (unüblich: 0180er-Rufnummern)
  • Möglichkeit, individuelle Rückzahlungspläne zu vereinbaren
  • Freundlichkeit und Kompetenz der Mitarbeiter (auch mal selber anrufen)
  • Reaktionszeiten auf Anfragen
  • Transparenz hinsichtlich Vorgehensweise und Kosten für den Gläubiger
  • Sachstände können online eingesehen werden

Je nach Ihren Anforderungen und Ihrer Kundenstruktur kann entweder der eine oder andere Punkt besonders wichtig für Sie sein.

Tipp 5: Inkassobüro-Kosten vergleichen, bevor Sie beauftragen

Die Sachlage ist klar: Die Kosten für das Inkasso trägt der Schuldner. Behalten Sie das immer im Hinterkopf, wenn Sie sich für ein Inkasso-Verfahren entscheiden. Die Kosten, die der Einsatz eines solchen verursacht, sind allerdings nicht frei bestimmbar, denn sie orientieren sich an den Gebühren, die ein Rechtsanwalt für dieselbe Tätigkeit verlangen dürfte. Je nach Gegenstandswert (Höhe Ihrer offenen Rechnung) sind die zulässigen Rechtsanwaltsgebühren verbindlich vorgeschrieben.

Info

Was kostet ein Inkasso-Unternehmen?

Ein Beispiel: Ein Schuldner begleicht eine Forderung von 3.800 EUR nicht. Nach § 13 Abs. 1 RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) ist diesem Betrag eine Rechtsanwaltsgebühr von 252 EUR zugeordnet.

Nun wird auf diese Rechtsanwaltsgebühr der Gebührensatz von 1,3 angewandt:

252 EUR * 1,3 = 327,60 EUR

Handelt es sich um einen komplexeren Fall, kann der Gebührensatz auch bis zu 2,5 steigen (z.B. bei einem Schuldner mit Hauptsitz im Ausland).

Diesen Nettobetrag, teilweise auch zuzüglich Mehrwertsteuer, darf das Inkasso-Unternehmen für seinen Einsatz vom Schuldner verlangen. Somit entstehen für die Auftraggeber keine Kosten. Hierbei greift jedoch eine Ausnahme, wenn der Schuldner insolvent ist oder eine fehlerhafte Rechnung ursächlich ist. In diesem Fall sind die Kosten selbst zu tragen.

Im Allgemeinen gilt: Die Inkassogebühren dürfen nicht höher als der eigentlich geschuldete Betrag sein.

Längst nicht jede Forderung kann eingetrieben werden. Lassen Sie sich daher detailliert auflisten, welche Kosten Sie zu tragen haben, falls der Schuldner nicht zahlt. Auch die bei Inkasso-Unternehmen üblichen Erfolgsprovisionen sollten Sie sich nennen lassen. Denn Inkasso-Unternehmen, die Ihnen bei Nichterfolg Gebühren erlassen, bekommen im Umkehrschluss bei Erfolg eine Provision. Unterm Strich ist das aber oft für Gläubiger günstiger und mit weitaus weniger Kostenrisiken verbunden. Dann haben Sie alle Informationen und wissen, was die Beauftragung eines Inkasso-Unternehmens – ob vor- oder nachgerichtlich, erfolgreich oder erfolglos – wirklich kosten wird.

Tipp 6: Nie vergessen - es sind Ihre Kunden!

Denken Sie immer daran: Wir sprechen von Ihren Kunden!

Dies ist der wichtigste Tipp mit der größten Bedeutung im Inkasso-Verfahren, den wir Ihnen überhaupt geben können. Vergessen Sie nie, dass wir die ganze Zeit von einem Dienstleister sprechen, der Ihre Kundenforderungen eintreiben will. Die Zeit, die Sie in die sorgfältige Auswahl des Inkasso-Unternehmens investieren, zahlt sich aus. Denn eine eingetriebene Forderung auf Kosten einer intakten Kundenbeziehung ist nicht nachhaltig und gefährdet auf lange Sicht den Erfolg Ihres Unternehmens. Gestehen Sie dem Inkasso-Unternehmen jedoch eine seriöse Härte zu.

Wenn Sie alle genannten Punkte beachten, sollte es ein Leichtes sein, ein seriöses Inkasso-Unternehmen zu finden, das Ihr Forderungsmanagement übernimmt.

Behalten Sie dabei aber immer im Hinterkopf, dass es sich dabei um einen Schritt handelt, der möglicherweise Ihre Geschäftsbeziehungen belastet. Auf der anderen Seite können ausbleibende Zahlungen die Liquidität Ihres Unternehmens gefährden.

Wägen Sie entsprechend sorgfältig ab, was für Ihre Firma das Beste ist.

Ein Inkasso-Verfahren einleiten

Ein Inkassofall wird erst nach mehreren erfolglosen Mahnungen eingeleitet. Das Mahnverfahren umfasst in der Regel drei Mahnungen, die in einem Abstand von 8 bis 14 Tagen versendet werden. Bleibt eine Reaktion aus, wird ein Inkasso-Verfahren gestartet, bei dem der Schuldner erneut zur Zahlung aufgefordert wird. Ein Einspruch kann nur sinnvoll sein, wenn die Forderung unbegründet ist. Wird weiterhin nicht bezahlt, können Sie gerichtliche Mahn- und Vollstreckungsbescheide erlassen. Dies führt zu einer Zwangsvollstreckung, bei der auch Eigentum gepfändet werden kann. Die Bearbeitung startet meist innerhalb von wenigen Tagen.

Die Beauftragung eines Inkasso-Unternehmens ist unkompliziert. Sie kontaktieren das Büro, schließen den Vertrag ab und erteilen eine Vollmacht, damit das Unternehmen die offene Forderung eintreiben kann.

Ein Inkasso-Verfahren beenden

Ein Inkasso-Verfahren kann jederzeit beendet werden, wenn der Schuldner bereit ist, die offenen Beträge zu begleichen. Dies kann durch die Zahlung des gesamten Beitrags inklusive Inkassogebühren oder durch eine vereinbarte Ratenzahlung erfolgen. Und das, obwohl das Inkasso-Unternehmen nicht verpflichtet ist, Raten zu akzeptieren. In seltenen Fällen sind auch Vergleiche oder Stundungsvereinbarungen möglich.
Wichtig ist, dass alle Verhandlungen über das Inkasso-Unternehmen laufen und nicht direkt mit dem Gläubiger geführt werden.

Wie lange ein Inkasso-Verfahren dauert, kann nicht definiert werden. Dies hängt davon ab, wie schnell der Schuldner bezahlt. Geschieht dies nicht, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, die bis zu mehreren Monaten dauern können.