Arbeitszeitkonto: Bedeutung, Regelungen und Vorteile im Überblick

Ein Arbeitszeitkonto bietet Arbeitgebern die Möglichkeit, die Arbeitszeiten ihrer beschäftigten Mitarbeiter flexibel zu gestalten und somit besser auf betriebliche Anforderungen zu reagieren und mit den Bedürfnissen der Arbeitnehmer in Einklang zu bringen. Arbeitsspitzen können ausgeglichen werden. Arbeitgeber können attraktiv und familienfreundlich sein. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, Vor- und Nachteile sowie die praktische Umsetzung eines Arbeitszeitkontos – auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Startups.

Zuletzt aktualisiert am 22.01.2025
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Flexible Arbeitsmodelle: Warum Arbeitszeitkonten sinnvoll sind

In Zeiten von Fachkräftemangel, Digitalisierung und dem steigenden Verlangen nach Work-Life-Integration können Unternehmen mit einem gut durchdachten Arbeitszeitkontensystem sowohl ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern als auch ihre Produktivität optimieren. 

Zum Führen von Arbeitszeitkonten besteht keine rechtliche Pflicht – dazu gibt es bislang kein Gesetz. Aber: Es besteht für alle Arbeitgeber, ganz unabhängig von der Größe und der Anzahl der Mitarbeiter, die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Auch wenn sich diese Pflicht noch nicht im derzeitigen Arbeitszeitgesetz für alle Arbeitnehmergruppen finden lässt, müssen Arbeitgeber die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) um somit das Urteil zur Zeiterfassung beachten. Nach der aktuellen Rechtslage ist somit die Arbeitszeit trotz noch nicht angepasstem Gesetz transparent zu erfassen. Dazu können Arbeitszeitkonten perfekt genutzt werden.

Definition

Was ist ein Arbeitszeitkonto?

Ein Arbeitszeitkonto erfasst die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden der Mitarbeiter und vergleicht diese mit der vertraglich vereinbarten Soll-Arbeitszeit. Die dabei entstehenden Plus- oder Minusstunden werden im Arbeitszeitkonto hinterlegt und über einen definierten Zeitraum ausgeglichen.

Arten von Arbeitszeitkonten

  • Kurzzeitkonten: Diese Stundenkonten erfassen Zeitguthaben und –schulden über einen kurzen Zeitraum, meist innerhalb eines Jahres.
  • Langzeitkonten oder Lebensarbeitszeitkonten: Diese ermöglichen langfristige Ansparmodelle für etwa Sabbaticals, Altersteilzeit oder vorzeitigen Ruhestand.
  • Arbeitszeitkonten können als Geldkonten geführt werden. Hier werden Zeitguthaben und -verluste in Geldbeträgen aufgenommen.
  • Üblicher sind aber Arbeitszeitkonten als reine Zeitkonten bei der Arbeit

Gesetzliche Grundlagen für Arbeitszeitkonten

Arbeitszeitkonten und deren Aufbau sind im deutschen Arbeitsrecht nicht explizit geregelt, jedoch gibt es verbindliche Vorgaben in verschiedenen Gesetzen aus dem Bereich Arbeitsschutz, aber auch im Bereich Sozialversicherung (SGB IV). Es gelten folgende Grundsätze:

  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Es gelten die Maximalgrenzen für die tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden sowie die wöchentliche Arbeitszeit von maximal 48 Stunden sowie die gesetzlichen Ruhezeiten.
  • Nachweisgesetz (NachwG): Arbeitszeitkonten müssen im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag klar geregelt sein. Wenn es etwa einen Schichtbetrieb gibt, sind die Zeiten transparent zu regeln.
  • Ausgleichszeiträume: Plus- und Minusstunden müssen laut Arbeitsrecht innerhalb eines angemessenen Zeitraums, meist 12 Monate, ausgeglichen werden.
  • Besonderheiten bei Langzeitkonten oder Lebensarbeitszeitkonten: Wenn das Arbeitszeitkonto nicht – allein – dazu dient, Arbeitszeitspitzen regelmäßig und kurzfristig auszugleichen, sondern dem Ansparen von Arbeitszeit, um etwa früher in den Ruhestand zu gehen oder Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen, müssen Sie mit Ihrem Arbeitnehmer eine sogenannte Wertguthabenvereinbarung abschließen. Dazu besteht eine gesetzliche Pflicht. Auch der nachfolgende Punkt ist dabei zu berücksichtigen.
  • Insolvenzsicherung: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Wertguthaben des Arbeitnehmers gegen Insolvenz abzusichern, wenn das Guthaben inkl. des Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag einen Betrag in Höhe der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.

Tipp

Tarifvertrag prüfen

Prüfen Sie, ob Tarifverträge anwendbar sind, bevor Sie Arbeitszeitkonten einführen. Besteht ein Betriebsrat, ist die Einrichtung eines Models zu Errichtung flexibler Arbeitszeiten mitbestimmungspflichtig! 

Bei der Einführung von Langzeitkonten sollten Sie verschiedene Modelle prüfen, auch wegen der Kosten zur Insolvenzsicherung.

Vorteile und Nachteile von Arbeitszeitkonten

Vorteile

  1. Flexibilität: Arbeitszeitkonten erleichtern die Reaktion auf Auftragsschwankungen.
  2. Mitarbeiterbindung: Flexible Arbeitszeiten können die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigern.
  3. Kostensenkung: Weniger Überstundenzuschläge durch Zeitguthaben, bessere Planung, transparente Kontrolle.

Nachteile und Herausforderungen

  1. Verwaltungsaufwand: Ein präzises und transparentes Zeiterfassungssystem ist notwendig.
  2. Regelmäßige Auswertung und Kontrolle
  3. Konfliktpotenzial: Unklare Regelungen können zu Auseinandersetzungen führen, dies gilt insbesondere dann, wenn nicht klar definiert ist, was Überstunden oder Mehrarbeit sind.

Praktische Umsetzung eines Arbeitszeitkontos

Checkliste für die Einführung eines Arbeitszeitkontos:

  1. Rechtliche Prüfung der Regelungen: Schaffen Sie eine Rechtsgrundlage, wie etwa arbeitsvertragliche Regelungen oder eine Arbeitszeitordnung. Stellen Sie sicher, dass die geplanten Regelungen den geltenden Gesetzen entsprechen, insbesondere dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG).
  2. Auswahl eines geeigneten Zeiterfassungssystems: Wählen Sie ein benutzerfreundliches und präzises Tool, das alle für Ihren Betrieb notwendigen Funktionen für die Verwaltung eines Arbeitszeitkontos bietet.
  3. Regelung der Ausgleichszeiträume: Legen Sie fest, in welchem Zeitraum Plus- und Minusstunden ausgeglichen werden sollen (z. B. 12 Monate).
  4. Festlegung von Höchstgrenzen und Definition von Überstunden: Definieren Sie klare Obergrenzen für Plus- und Minusstunden, um Überlastung oder Missbrauch zu vermeiden.
  5. Kommunikation mit den Mitarbeitern: Erklären Sie den Mitarbeitern, wie das Arbeitszeitkonto funktioniert, welche Vorteile es bietet und wie es genutzt wird.
  6. Schulung der Mitarbeiter: Schulen Sie die Mitarbeiter, insbesondere die Vorgesetzten, im Umgang mit dem Zeiterfassungssystem und klären Sie offene Fragen.
  7. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung: Kontrollieren Sie regelmäßig die Funktionsweise und Nutzung des Arbeitszeitkontos und nehmen Sie bei Bedarf Anpassungen vor.

Fazit

Ein Arbeitszeitkonto bietet Ihrem Unternehmen die Chance, flexibler und effizienter zu arbeiten. Durch digitale Zeiterfassungssysteme ist dies für Arbeitgeber jeglicher Größe gut umsetzbar. Wichtig ist eine durchdachte Implementierung, die sowohl rechtliche als auch individuelle Anforderungen für Ihren Betrieb berücksichtigt. Mit klaren Regelungen und einem modernen Zeiterfassungssystem profitieren Arbeitgeber und Mitarbeiter gleichermaßen. Ihre Arbeitnehmer schätzen es, ihre Arbeitszeit auch selbstbestimmt und familienfreundlich gestalten zu können – also eine Win-Win-Situation.

Häufige Fragen zu Arbeitszeitkonten

Darf der Arbeitgeber Minusstunden anordnen?

 

Minusstunden einseitig anordnen darf der Arbeitgeber dann, wenn es dafür eine rechtliche Grundlage gibt. Folglich sollte dieser Fall im Arbeitsvertrag oder einer Zusatzvereinbarung geregelt werden.

Was passiert bei Kündigung mit dem Arbeitszeitkonto?

 

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses müssen Plusstunden finanziell abgegolten werden, wenn sie nicht durch Freizeit ausgeglichen werden können. Minusstunden können nur dann mit dem letzten Gehalt verrechnet werden, wenn dies mit dem Mitarbeiter vereinbart ist.

Wann wird die Arbeitszeit auf ein Arbeitszeitkonto übertragen?

 

Die Arbeitszeit wird im Rahmen der Arbeitszeiterfassung auf das Arbeitszeitkonto übertragen.

Überstunden abbauen beim Arbeitszeitkonto: Vergütung oder freie Tage?

 

Ob Überstunden vergütet oder in Form von Freizeit ausgeglichen werden, hängt von den getroffenen Vereinbarungen im Arbeits- oder Tarifvertrag ab. Der Arbeitgeber kann, wenn dies nicht geregelt ist, nach billigem Ermessen entscheiden. In der Regel stimmen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab.

Ist ein Arbeitszeitkonto Pflicht für Arbeitgeber?

 

Nein, es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zur Führung eines Arbeitszeitkontos. Es ist ein freiwilliges Instrument, das vertraglich vereinbart werden muss. Verpflichtend ist jedoch in der Regel die Arbeitszeiterfassung selbst.

Wie viele Überstunden sind erlaubt? Wie viele Stunden dürfen auf einem Arbeitszeitkonto gesammelt werden?

 

Die zulässige Anzahl von Überstunden, die auf dem Zeitkonto angesammelt werden dürfen, und die maximale Ansparung hängen von den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ab. Dabei sind die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten.

Muss ein Arbeitszeitkonto im Arbeitsvertrag geregelt sein?

 

Nein, die Führung eines Arbeitszeitkontos muss nicht im Arbeitsvertrag geregelt sein, sie sollte aber vertraglich, durch eine Betriebsvereinbarung oder eine Arbeitsordnung geregelt sein, um klare rechtliche Grundlagen zu schaffen.

Was passiert mit dem Arbeitszeitkonto bei Kurzarbeit?

 

Während der Kurzarbeit wird ein Arbeitszeitkonto regelmäßig vorrangig zum Ausgleich herangezogen. Das bedeutet, dass vorhandenes Zeitguthaben zuerst abgebaut wird, bevor Kurzarbeitergeld beantragt wird. Besteht ein Zeitdefizit, wird dies in der Regel nicht weiter belastet, um den Arbeitnehmer nicht zu benachteiligen. Klare Regelungen hierzu sollten jedoch im Vorfeld getroffen werden.