Jeder Arbeitgeber braucht einen Betriebsarzt
Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) hat jedes Unternehmen schon ab einem einzigen Arbeitnehmer die Pflicht, einen Betriebsarzt zu bestellen. In welchem Umfang er einzusetzen ist und welche Aufgaben er im Einzelnen hat, ist in den „DGUV-Vorschriften“ der Berufsgenossenschaften geregelt. Beschäftigte sollen so nicht nur vor offensichtlichen Gesundheitsgefährdungen wie z. B. bei der Arbeit mit Chemikalien oder bei schwerer körperlicher Belastung geschützt werden. Jede Gefahr bei der Arbeit und am Arbeitsplatz soll soweit wie möglich ausgeschlossen werden.
Info
Beispiel: Augen- oder Haltungsschäden
Auch die vermeintlich ungefährliche Arbeit im Büro am PC kann z. B. zu Augenschäden, Handgelenksentzündungen oder Beschwerden im Schulterbereich führen.
Die Aufgaben des Betriebsarztes
Der Betriebsarzt berät und unterstützt das Unternehmen z. B. beim Erstellen der Gefährdungsbeurteilungen. Er ist zudem medizinischer Ansprechpartner für Unternehmer, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Beschäftigte zu Fragen des Gesundheitserhalts und der Gesundheitsförderung. Zu seinen Aufgaben gehören z. B.
- Durchführung der Einstellungsuntersuchung,
- arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen,
- Beratung bei allen arbeitsmedizinischen Themen, beim Arbeitsschutz und der Unfallverhütung,
- Beaufsichtigung des Arbeitsschutzes durch Arbeitsstättenbegehungen,
- Überprüfung der Arbeitsplätze, Aufzeigen von Mängeln und ggf. Einleiten von Schutzmaßnahmen,
- Schulungen zum betrieblichen Gesundheitsschutz sowie
- die Teilnahme an Arbeitsschutzausschuss-Sitzungen.
Drei Betreuungsarten durch den Betriebsarzt
Unterschieden wird zwischen Grundbetreuung, anlassbezogener und betriebsspezifischer Betreuung. Zur Grundbetreuung gehören die Unterstützung des Arbeitgebers beim Erstellen und Überarbeiten von Gefährdungsbeurteilungen, Schutzmaßnahmen und Wirksamkeitskontrollen. Die Grundbetreuung muss bei maßgeblicher Änderung der Arbeitsverhältnisse, spätestens nach drei Jahren, erneut erfolgen. Anlassbezogene Betreuung heißt, dass sich der Arbeitgeber bei besonderen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes betriebsärztlich beraten lassen muss. Besondere Anlässe sind z. B.
- neue Arbeitsverfahren und -abläufe,
- die Einführung neuer Arbeitsmittel,
- Planung, Aufbau und Änderung von Betriebsanlagen,
- Einführung neuer Arbeitsstoffe mit potenziellem Gefährdungsrisiko,
- Erstellung von Notfall- und Alarmplänen,
- Beratung der Beschäftigten zu Unfall- und Gesundheitsgefahren,
- Untersuchung von Betriebsunfällen und Berufskrankheiten und
- Umgestaltung von Schichtkonzepten oder Arbeits- und Pausenzeiten.
Die Bedeutung und den Umfang der betriebsspezifischen Betreuung hat der Arbeitgeber mit Hilfe der Sicherheitsfachkraft zu ermitteln und regelmäßig zu überprüfen.
Kleine Unternehmen: Auch alternative Betreuung möglich
Die vorgegebenen Einsatzzeiten für die Grundbetreuung ergeben sich aus der Zuordnung des Unternehmens zu einer bestimmten Gefährdungsgruppe. Die notwendige Art der Betreuung hängt u. a. von der Betriebsgröße ab. Im Einzelnen:
- In Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten: Grundbetreuung und anlassbezogene Betreuung. Hier ist auch eine alternative Betreuung möglich, bei der der Unternehmer innerhalb von 2 Jahren an Motivations- und Informationsmaßnahmen teilnehmen muss. Der Betrieb wird dann von einem Kompetenzzentrum betreut und ein Betriebsarzt ist nur bei besonderen Anlässen Pflicht.
- In Betrieben mit 11 bis 50 Mitarbeitern: Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung. Wie bei kleineren Unternehmen ist eine alternative Betreuung durch ein Kompetenzzentrum möglich. Bei besonderen Anlässen ist ein Betriebsarzt hinzuzuziehen. Hier sind aber über die Einführungsmaßnahmen hinaus auch Fortbildungsmaßnahmen zu absolvieren.
- In Betrieben ab 50 Beschäftigten: Nur Regelbetreuung und betriebsspezifische Betreuung. Eine alternative Betreuung ist hier nicht möglich.
Die Expertise des Betriebsarztes bietet viele Vorteile
Der Betriebsarzt kann z. B. dabei helfen
- Gefahrenquellen und damit Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen zu minimieren,
- die Arbeitsbedingungen und den betrieblichen Gesundheitsschutz zu optimieren,
- krankheitsbedingte Fehltage zu reduzieren,
- arbeitsmedizinische Themen mit der Berufsgenossenschaft oder einer Behörde zu klären,
- die Wiedereingliederung eines Mitarbeiters nach schwerer Krankheit erfolgreich zu gestalten und
- die Zufriedenheit der Beschäftigten und das Betriebsklima zu verbessern.
Der Betriebsarzt unterliegt der Schweigepflicht
Der Betriebsarzt ist nicht weisungsgebunden. Wie jeder andere Arzt ist er zur Verschwiegenheit verpflichtet und darf keine Informationen über seinen Patienten an Dritte weitergeben. Führt er z. B. eine Eignungsuntersuchung durch, darf er dem Arbeitgeber lediglich das Ergebnis mitteilen, d. h. ob der Beschäftigte für die vorgesehene Tätigkeit geeignet ist oder nicht. Der Arbeitnehmer kann den Betriebsarzt aber von der Schweigepflicht entbinden, wenn er damit einverstanden ist, dass der Arbeitgeber z. B. von seinen gesundheitlichen Einschränkungen erfährt. Auch bei vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen darf der Arbeitgeber nur wissen, welche Untersuchung wann stattgefunden hat und wann sie wiederholt werden sollte.
Mehrere Vorsorgearten in der Arbeitsmedizin
Die Arbeitsmedizin unterscheidet zwischen der
- Pflichtvorsorge, die der Arbeitgeber vor der Durchführung bestimmter den Beschäftigten besonders gefährdenden Tätigkeiten veranlassen muss. Weigert sich der Arbeitnehmer die Pflichtvorsorge durchführen zu lassen, darf er die Tätigkeit nicht ausüben.
- Angebotsvorsorge, die dem Arbeitnehmer bei bestimmten Tätigkeiten anzubieten ist.
- Wunschvorsorge, die der Arbeitgeber dem Beschäftigten über die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge hinaus bei allen Tätigkeiten anbieten muss. Ist mit keinem Gesundheitsschaden zu rechnen, besteht darauf aber kein Anspruch.
Unternehmen müssen Empfehlungen des Betriebsarztes nicht folgen
Der Betriebsarzt hat die Aufgabe, den Arbeitgeber zu beraten und zu unterstützen. Er kann lediglich Empfehlungen aussprechen, denen der Arbeitgeber grundsätzlich nicht folgen muss. Allerdings kann er die Aufsichtsbehörde einschalten. Die kann den Arbeitgeber dann dazu auffordern, den nach dem Arbeitsschutzrecht notwendigen Zustand herzustellen. Beruft der Arbeitgeber keinen Betriebsarzt, obwohl er dazu verpflichtet ist, kann die Behörde dies anordnen und mit einem Bußgeld durchsetzen. Passiert ein Arbeitsunfall, weil der Arbeitgeber den Arbeitsschutz verletzt hat, kann er von der Berufsgenossenschaft persönlich in Regress genommen werden und muss ggf. auch mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen.
Betriebsärzte verfügen über eine Weiterbildung im Bereich Arbeitsmedizin. Große Unternehmen haben meist einen bei ihnen festangestellten Betriebsarzt. Für kleine und mittlere Betriebe bietet sich die Beauftragung eines selbstständigen oder freiberuflichen Betriebsarztes an.