Das Wichtigste zum Boreout in Kürze
Das Boreout-Syndrom tritt auf, wenn Mitarbeiter sich mit ihrer Arbeit nicht identifizieren können, unterfordert sind und sich gelangweilt fühlen, was zu Lustlosigkeit führt. Betroffene versuchen oft, beschäftigt zu wirken, obwohl sie geistig nicht ausgelastet sind, und können körperliche Symptome wie bei einer Erschöpfungsdepression zeigen.
Um Boreout vorzubeugen und entgegenzuwirken, sollten Führungskräfte folgende Maßnahmen ergreifen:
- Eine offene Kommunikationskultur fördern
- Realistische Stellenanzeigen schalten
- Innovative Arbeitsweisen wie flexible Arbeitszeiten und agile Strukturen einführen
Besonders tückisch am Boreout-Syndrom ist, dass nicht einmal die Betroffenen selbst es als krankhaft erkennen. Wer geistig nicht ausgelastet ist, sich mit der Arbeit nicht mehr identifizieren kann, sucht die Schuld meist bei sich selbst – und kümmert sich darum, allem Desinteresse zum Trotz gut beschäftigt und interessiert zu wirken.
Boreout: Der Schein muss gewahrt werden, was ist sonst mit dem Job?
Jemand mit Boreout gibt nicht den Umständen nach und spricht mit dem Arbeitgeber oder der Geschäftsleitung über den eigenen Leidensdruck, sondern stapelt Vorgänge vor sich her, erweckt einen überaus gut ausgelasteten und gut beschäftigten Eindruck und sitzt häufig spät noch am Schreibtisch, wenn alle anderen bereits nach Hause gegangen sind.
Von Boreout Betroffene möchten ganz oft nicht mit dem Rücken zu anderen Menschen oder einem Durchgang sitzen, allerdings mag es wohl niemand, wenn hinter dem eigenen Platz herumgeschlichen wird. Daran allein wird man das Syndrom also nicht festmachen können, eher an einer lustlosen und unreflektierten Ausstrahlung oder einer aggressiven Grundhaltung.
Definition
Was ist Boreout?
Die Schweizer Unternehmensberater Philippe Rothlin und Peter Werder beschäftigten sich eingehend mit Boreouts und identifizierten drei Faktoren, die zusammentreffen müssen:
Wenn Mitarbeitende sich nicht mit der eigenen Arbeit identifizieren können und daher desinteressiert sind, aber sich auch unterfordert fühlen oder einen Job haben, der nicht zu den eigenen Qualifikationen passt und dadurch gelangweilt sind und Lustlosigkeit entsteht, spricht man von „Boreout“.
Das Buch von Rothlin/Werder „Boreout – wenn Langeweile krank macht“ beschreibt anschaulich und detailliert weitere Aspekte des Themas.
Warum Boreout Chefsache ist
Es gibt viele Gründe, warum Führungskräfte gut daran tun, ein Boreout zu bemerken beziehungsweise strategisch gegenzusteuern, am besten schon bevor er entsteht. Neuen Untersuchungen zufolge nutzen unterforderte Arbeitnehmer nämlich mehrere Stunden täglich dafür, sich privaten Dingen und nebenberuflichen Tätigkeiten zu widmen, um die Präsenzzeiten am Platz zu füllen. So entsteht bundesweit Schaden in mehrstelliger Milliardenhöhe. Laut Randstad Employer Brand Research-Studie 2018 ist für 31 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland Unterforderung der Auslöser, das Unternehmen zu wechseln, um anderswo in einer besser passenden Stelle zu arbeiten. Fachkräfte mit Boreout werden gehen – wenn sie nicht vorher krank werden.
Schuldzuweisungen sind nicht hilfreich, da die Betroffenen die Strukturen nicht ändern können. Langfristig führen Frust und chronische Unterforderung ähnlich wie Stress zu einer körperlichen Krankheitsreaktion und mit Ausfällen ist zu rechnen. Betroffene können buchstäblich krank werden vor Langeweile – und dabei Symptome einer Erschöpfungsdepression zeigen wie Kopfschmerzen und Schlafprobleme.
Besser als alle Ansätze, gegen vorhandenes Boreout etwas zu unternehmen: Von Anfang an dafür sorgen, dass dank hoher Mitarbeitermotivation weder Unterforderung noch mangelnde Identifikation mit dem Job auftreten.
Damit ist auch klar, dass Betroffene zwar nicht aus der Verantwortung entlassen werden, die Führungskraft aber dort ansetzen kann, wo sich die Weichen anders stellen lassen: Bei der strategischen Boreout-Prävention und nachträglichen Änderungen von Dingen, die von Anfang an anders hätten laufen müssen oder können.
Boreout verhindern oder aktiv dagegenwirken
Die wichtigste Frage vorab: Haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, sich mitzuteilen, wenn sie nicht ausgelastet sind? Oder herrscht ein leistungsorientiertes Klima, in dem kein Raum für Kritik, Fehler oder Unsicherheiten vorgesehen ist? Dann sollten Sie dies ändern.
Wer Angst davor haben muss, die eigene Meinung zu sagen, wird es selten tun. Es ist normal, Teile von Projekten oder Jobs als nervig oder stressig zu empfinden. Problematisch wird es nur, wenn nichts anderes mehr stattfindet. So sollten Vorgesetzte das auch kommunizieren: Zufriedene Mitarbeiter mit passenden Aufgaben sind das Ziel. Wenn etwas nicht mehr passt, sollten Sie ein Mitarbeitergespräch führen. Am besten als Teil einer gemeinsamen Routine oder regelmäßigen Übung, damit niemand mit Anlauf aus dem Rahmen fallen muss, der oder die etwas besprechen möchte.
Boreout vorbeugen? Das geht ab der Stellenanzeige los
Bereits bei der Stellenausschreibung beginnt der intelligente Präventionsprozess. Wie oft liest man in Jobanzeigen eine Erwartungshaltung, die von Kandidaten alles verlangt, was der Markt zu bieten hat:
- Berufserfahrung
- Studium
- Fremdsprachenkenntnis
- Zusatzqualifikationen
Inzwischen wird es allgemein belächelt, wenn Unternehmen in Stellenanzeigen „den Hals nicht vollkriegen“ und utopische Kompetenzen voraussetzen, die für den ausgeschriebenen Job schlichtweg nicht notwendig sind. Denn nach solchen Anzeigen starten Team-Mitglieder in einen Berufsalltag, der oft nicht hält, was er verspricht.
Außerdem, und auch da gibt es viel Nachholbedarf im deutschen Personalwesen, sollte es bei der Besetzung der Stelle nicht darum gehen, wer die meisten Punkte abhaken kann und dabei die besten Noten hat. Sondern die für den Job am besten geeignete Person sollte es sein. Sie sollten daher realistische Stellenanzeigen schreiben und geeignete Kandidaten auswählen, den Einstellungsprozess überprüfen und offen über die Aufgaben und Ihre Ansprüche sprechen – dann bauen sich auf beiden Seiten keine zu hohen Erwartungshaltungen auf.
Führungskräfte sollten gegen Boreout Micromanagement ablegen
Viele spannende und bedeutsame Aufgaben laufen Gefahr, von begeisterten Führungskräften an sich genommen zu werden. Einerseits sind immer noch zahlreiche Chefs ambitionierte Micromanager, weil sie es in der Aufbauphase sein mussten und nie abgelegt haben. Andererseits macht es Spaß, sich nach Belieben auszusuchen, worauf man gerade Lust hat. Den Mitarbeitenden auch, und wenn nur noch anspruchslose Tätigkeiten oder solche unter engmaschiger Kontrolle übrigbleiben, droht das Phänomen „innere Kündigung“.
In Stein gemeißelte Hierarchien und nichts als Routine: Auch so sieht der Weg in das Boreout aus. Zum Glück gibt es zahlreiche Möglichkeiten, durch innovative Arbeitsweise gegenzusteuern. Gegen Boreout helfen zum Beispiel:
- flexible Arbeitszeiten
- mobile Möglichkeiten
- agile Strukturen
- eine offene Fehler- und Kommunikationskultur
- Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter