Koalitionsvertrag und Arbeitsrecht: Diese Regelungen sieht der Koalitionsvertrag 2025 für Unternehmen vor

Die neue Regierungskoalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode auf Veränderungen im Arbeits- und Sozialrecht verständigt. Ziel: Deutschland als Wirtschaftsstandort stärken, Arbeitsbedingungen modernisieren und den bürokratischen Aufwand reduzieren. Für Arbeitgeber, Geschäftsführer und HR-Verantwortliche ergeben sich wichtige Handlungsschwerpunkte – sowohl strategisch als auch operativ. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Themen der Regierungsvorhaben zum Arbeitsrecht für Sie im Überblick.

Zuletzt aktualisiert am 28.04.2025
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Elektronische Kommunikation als Standard, auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen

Schriftformerfordernisse will die neue Regierung insbesondere im Arbeitsrecht weiter abbauen und folgt damit den ersten Schritten der Vorgängerregierung. Zum Beispiel bei Befristungen der Arbeitsverhältnisse, denn in § 14 Abs. 4 TzBfG ist aktuell noch die Schriftform vorgeschrieben.

Vertragsabschlüsse sollen künftig per qualifizierter elektronischer Signatur erfolgen können.

Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung

Ein zentrales Reformvorhaben betrifft das Arbeitszeitgesetz. Die tägliche Höchstarbeitszeit könnte künftig zugunsten einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden – unter Einhaltung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Für viele Unternehmen bedeutet dies neue Spielräume, insbesondere bei Schicht- und Projektarbeit. Gleichzeitig soll die elektronische Arbeitszeiterfassung   verpflichtend, jedoch „unbürokratisch“ ausgestaltet werden. Vertrauensarbeitszeitmodelle bleiben grundsätzlich erhalten, sofern sie mit der EU-Richtlinie konform sind. Besonders für KMU sollen Übergangsregelungen greifen.

Und für unsere Sonntagsbrötchen soll auch gesorgt sein: Speziell für das Bäckerhandwerk wird der Ausnahmekatalog nach § 10 Arbeitszeitgesetz für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung erweitert.

Mindestlohn

Die Mindestlohnentwicklung soll sich künftig an 60 Prozent des Bruttomedianlohns orientieren, was bis 2026 einen Anstieg auf 15 Euro ermöglichen soll. Das ist realistisch und bei der Kalkulation von Personalkosten zu berücksichtigen.

Umfrage zur Erhöhung des Mindestlohns

Steuererleichterungen: Zuschläge und Prämien

Der Koalitionsvertrag 2025 sieht mehrere Steuererleichterungen vor: 

  • Überstundenzuschläge für übertarifliche Vollzeitarbeit sollen steuerfrei sein. Als Vollzeitarbeit gelten tariflich mindestens 34, sonst 40 Wochenstunden.
  • Prämien für den Wechsel von Teilzeit zu Vollzeitwerden künftig steuerlich begünstigt.
  • Die Pendlerpauschale soll auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer ab 2026 erhöht werden.

Aktivrente: Flexibler Übergang in den Ruhestand

Statt einer weiteren Anhebung des Renteneintrittsalters setzt die Koalition auf Freiwilligkeit: Wer nach dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters weiterarbeitet, kann bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen. Laut Koalitionsvertrag steht die Aktivrente allerdings unter Finanzierungsvorbehalt – d. h. es muss genügend Geld vorhanden sein, um diese Steuererleichterung durchzusetzen. 

Außerdem: Das Vorbeschäftigungsverbot für Rentner soll entfallen, befristete Anschlussbeschäftigungen sollen auch ohne Zweckbefristung möglich werden – eine Chance für Arbeitgeber, erfahrene Fachkräfte zu halten.

Betriebliche Altersversorgung (bAV)

Die bAV soll digitalisiert, vereinfacht und entbürokratisiert werden, insbesondere für KMU und Geringverdiener. Die Übertragung bei Arbeitgeberwechseln wird gestärkt sowie Förderungen ausgebaut. Dies macht bAV-Modelle attraktiver und kann im Wettbewerb um Fachkräfte ein strategischer Vorteil sein.

Digitale Mitbestimmung

Im Zuge der digitalen Transformation wird auch die Mitbestimmung angepasst: Online-Betriebsratssitzungen und -versammlungen sollen künftig gleichwertig zu Präsenzveranstaltungen gesetzlich verankert werden. Gewerkschaften erhalten digitale Zugangsrechte zum Betrieb. Auch Betriebsratswahlen sollen online möglich sein.

Tariftreuegesetz

Eine höhere Tarifbindung wird angestrebt und dazu die Gesetzesinitiative zum Bundestariftreuegesetz aufgegriffen. Nach dem Gesetzentwurf dürfen öffentliche Aufträge nur an diejenigen Unternehmen vergeben werden, die tarifvertragliche Arbeitsbedingungen einhalten und Löhne in Höhe des üblichen Branchentarifs zahlen. Das Bundestariftreuegesetz soll für Vergaben auf Bundesebene ab 50.000 Euro und für Start-ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ab 100.000 Euro gelten.

Gesetzliche Rentenversicherung und weitere Erleichterungen für Selbständige

Wer sich künftig selbständig macht, wird in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen, wenn er nicht anderweitig einem obligatorischen System zugeordnet wird – wie etwa bei der Anwalts- und Steuerberaterversorgung. Das Statusfeststellungsverfahren, in dem geklärt wird, ob eine selbstständige Beschäftigung oder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, soll schneller, rechtssicherer und transparenter gemacht werden. Die Absicht ist zu begrüßen, aber Details gibt es dazu noch nicht. Zur Beschleunigung soll eine Genehmigungsfiktion der Behörden eingeführt werden. 

Außerdem soll die Gründung eines eigenen Unternehmens künftig mit weniger Bürokratie innerhalb von 24 Stunden möglich werden.

Bürokratieabbau in der Personalarbeit

Auf europäischer Ebene soll die Entsendemeldung durch die Reform der eDeclaration technisch erleichtert werden; eine Bündelung mit dem sogenannten A1-Verfahren wird dabei angestrebt. 

Des Weiteren soll an der bürokratieabbauenden Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung festgehalten werden, man möchte sie aber so verändern, dass Missbrauch zukünftig ausgeschlossen ist. So soll beispielsweise eine Online-Krankschreibung über private Online-Plattformen ausgeschlossen werden.

Fachkräfte aus dem Ausland

Ein zentrales Vorhaben ist die „Work-and-Stay-Agentur“, eine zentrale digitale Plattform zur Beschleunigung von Erwerbsmigration und Anerkennungsverfahren. Einheitliche Standards und zentrale Zuständigkeiten sollen Fachkräftezuwanderung effizienter machen. Zudem werden Arbeitsverbote für Geflüchtete reduziert, Berufssprachkurse ausgeweitet und Anerkennungsfristen für Abschlüsse auf acht Wochen begrenzt.

Berufliche Bildung – Wege zur Fachkräftesicherung

Die berufliche Bildung wird aufgewertet: Mit Qualifizierungsoffensiven, frühzeitiger Berufsorientierung und verstärkter Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen sollen Unternehmen beim Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit unterstützt werden. Auch die berufliche Rehabilitation – etwa nach Krankheit – wird durch verbindlichere Maßnahmen gestärkt.

Berufsorientierung und Ausbildung – Jugendförderung im Fokus

Junge Menschen sollen künftig garantiert die Möglichkeit zu Schulabschluss und Ausbildung erhalten. Die Jugendberufsagenturen und die Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit werden intensiviert. Für Betriebe heißt das: Mehr potenzielle Auszubildende – aber auch höhere Erwartungen an Ausbildungsqualität und Struktur.

Arbeitsschutz und Förderung der Inklusion

Prävention soll gestärkt werden. Die Instrumente des Arbeitsschutzes werden geprüft: Unnötige Mehrfachprüfungen sollen vermieden und der Datenaustausch ermöglicht werden. Die Aufnahme einer Arbeit für Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt soll verstärkt gefördert werden.

Themenschwerpunkt Familie – Vereinbarkeit fördern

Die Koalition setzt auf bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: 

  • Einführung eines digitalen Familienbudgets für haushaltsnahe Dienstleistungen für Alltagshelfer, die Familien mit kleinen Kindern und/oder pflegebedürftigen Angehörigen mit kleinen und mittleren Einkommen unterstützen. Dieses Budget soll digital zugänglich gemacht werden. Damit soll die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei haushaltsnahen Dienstleistungen gefördert werden und Schwarzarbeit bekämpft werden.
  • Ausbau der Kinderbetreuung und frühkindlichen Bildung.
  • Flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten in der Elternzeit.
  • Bei einer Erhöhung des Kinderfreibetrags wird auch das Kindergeld entsprechend angepasst, um Familien finanziell zu entlasten.
  • Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird verbessert, um diese besonders belastete Gruppe zu unterstützen.
  • Das Elterngeld wird weiterentwickelt, um mehr Anreize für Partnerschaftlichkeit und Väterbeteiligung zu schaffen. Dazu gehören erhöhte Lohnersatzraten und eine veränderte Anzahl und Aufteilung der Bezugsmonate.
  • Der Kinderzuschlag wird weiterentwickelt und vereinfacht, um Familien besser zu unterstützen.
  • Härtere Strafen für säumige Unterhaltsschuldner und bessere Unterstützung für Alleinerziehende.
  • Einführung eines Mutterschutzes für Selbstständige analog zu den Mutterschutzfristen für Beschäftigte.
  • Einführung eines Elterngeldes für Pflegeeltern, um deren Rechte zu stärken.

Fazit

Der Koalitionsvertrag 2025 bietet Chancen und enthält wichtige Schritte in Richtung Digitalisierung und Bürokratieabbau. Er beinhaltet keine jedoch keine grundlegend neuen Ideen oder Reformabsichten. Wichtig ist, dass Reformvorhaben zeitnah und verlässlich umgesetzt werden. 

Zu begrüßen ist, dass wir Klarheit erhalten sollen für Selbständige, die sich nicht mehr dem Risiko der Scheinselbständigkeit aussetzen wollen. Der Ausbau digitaler Verfahren ist dringend notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben – und der Abbau von Schriftformerfordernissen ist ebenfalls überfällig. Flexible Arbeitszeitregelungen sind für Arbeitnehmer und Arbeitgeber von Vorteil und steuerliche Anreize eröffnen neue Gestaltungsspielräume. Nutzen wir sie – und hoffen wir auf eine möglichst schnelle Realisierung der Vorhaben.