Nachweisgesetz für den Arbeitsvertrag: Pflichtangaben und Fristen im Überblick

Zum 1. August 2022 wurde der Katalog der Arbeitsbedingungen, die der Arbeitgeber nach dem Nachweisgesetz (NachwG) schriftlich im Arbeitsvertrag fixieren und aushändigen muss, erheblich erweitert. Für seitdem neu abgeschlossene Arbeitsverträge gelten zusätzliche Pflichtangaben, aber auch bei länger bestehenden Arbeitsverhältnissen müssen Arbeitgeber auf Nachfrage tätig werden. So werden Missverständnisse vermieden und Arbeitnehmerrechte gestärkt. Das Wichtigste im Überblick lesen Sie hier.

Zuletzt aktualisiert am 27.12.2024
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Nachweisgesetz: EU-Richtlinie für Arbeitsverträge wurde umgesetzt

Die EU hat die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, die Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen umzusetzen. Das deutsche Gesetz trat am 1. August 2022 in Kraft und beinhaltete zahlreiche Änderungen im Nachweisgesetz. Zudem wurden Regelungen z. B. im Berufsbildungsgesetz, in der Handwerksordnung oder im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz angepasst. Die Änderung des Nachweisgesetzes soll durch die zusätzlichen Angaben für mehr Transparenz bei Arbeitnehmenden sorgen.

Was muss ein Arbeitsvertrag laut Nachweisgesetz erfüllen?

Ein Arbeitsvertrag muss in Deutschland gemäß dem Nachweisgesetz (NachwG) bestimmte wesentliche Inhalte schriftlich festhalten. Nachfolgend erfahren Sie, welche Pflichtangaben konkret enthalten sein müssen.

Pflichtangaben im Arbeitsvertrag vor Änderung des Nachweisgesetzes

Schon seit den 90ern müssen Arbeitgeber bestimmte Daten zum Arbeitsverhältnis schriftlich dokumentieren und unterzeichnet an den Arbeitnehmer aushändigen. Diese Pflicht aus dem Nachweisgesetz wird in der Praxis meist mit der Ausstellung eines schriftlichen Arbeitsvertrags erfüllt. Wichtige Inhalte der Arbeitsverträge nach dem Nachweisgesetz sind:

  • Name und Anschrift der Vertragspartner
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses (Datum)
  • Bei Befristung: Dauer des Arbeitsverhältnisses
  • Arbeitsort
  • Tätigkeit
  • Höhe und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts
  • Arbeitszeit
  • Jährliche Urlaubsdauer
  • Kündigungsfristen
  • Allgemeiner Hinweis auf anwendbare Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen

Erweiterte Pflichtangaben laut Nachweisgesetz für Arbeitsverträge seit August 2022

Mit Wirkung zum 1. August 2022 wurden schon enthaltene Pflichtangaben konkretisiert und ausgebaut sowie mehrere weitere Angaben ergänzt. Sie betreffen folgende Inhalte des Arbeitsvertrags und sind nach dem Nachweisgesetz in den Vertrag mit aufzunehmen:

  • bei befristeten Verträgen das Enddatum oder die voraussichtliche Dauer.
  • wenn vereinbart, die freie Wahl des Arbeitsorts.
  • wenn eine Probezeit im Arbeitsvertrag vorgesehen ist, deren Dauer.
  • die genaue Zusammensetzung des Entgelts, d. h. Zuschläge, Zulagen, Sonderzahlungen, Vergütung von Überstunden, und zwar jeweils getrennt mit Fälligkeit und Art der Auszahlung.
  • die Arbeitszeit mit Ruhepausen und Ruhezeiten. Bei Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen.
  • bei Arbeit auf Abruf: Dienstvereinbarung, dass die Arbeitsleistung nach Arbeitsanfall zu erbringen ist, zu vergütende Mindeststunden, Zeitrahmen der Arbeitsleistung und die Frist, die der Arbeitgeber bei Abruf von Arbeitsstunden einzuhalten hat.
  • falls vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen.
  • ein eventueller Anspruch auf vom Arbeitgeber gestellte Fortbildungen.
  • bei Zusage einer betrieblichen Altersversorgung über einen Versorgungsträger grundsätzlich dessen Name und Anschrift.
  • allgemein gehaltene Hinweise auf z. B. anwendbare Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen.
  • das bei einer ordentlichen Kündigung von beiden Vertragsparteien einzuhaltende Verfahren (mindestens Schriftform), die Kündigungsfristen und die Frist für eine Kündigungsschutzklage.
  • bei einem länger als vier Wochen dauernden Einsatz im Ausland: schriftliche Information über Arbeitsbedingungen (z. B. Arbeitsländer und Währung, in der das Arbeitsentgelt erbracht wird).

Bei einigen Pflichtpunkten genügt ggf. im Einzelfall der Hinweis auf einen anwendbaren Tarifvertrag oder auf die jeweilige gesetzliche Regelung.

Seit dem 1. August 2022: Gestaffelte Aushändigungsfrist und Ausdehnung des Geltungsbereichs des Nachweisgesetzes

Die Nachweispflichten sind seit dem 1. August 2022 im Nachweisgesetz für Arbeitsverträge wie folgt gestaffelt:

  • Spätestens am ersten Arbeitstag: Niederschrift zur Zusammensetzung des Arbeitsentgelts und zur vereinbarten Arbeitszeit mit Pausen und ggf. Schichtkonzept.
  • Bis zum siebten Kalendertag nach Beginn des Arbeitsverhältnisses: Die meisten Punkte, z. B. zur Befristung, zum Arbeitsort oder zur Dauer der Probezeit.
  • Wie bisher spätestens einen Monat nach Arbeitsaufnahme: Nur wenige Daten, wie den Hinweis auf das Kündigungsverfahren.

Achtung

Nachweisgesetz gilt auch bei kurzfristiger Beschäftigung

Früher waren vorübergehende Aushilfen vom Nachweisgesetz ausgeschlossen. Seit dem 1. August 2022 ist diese Beschränkung entfallen. Aktuell müssen Arbeitgeber eine Niederschrift der wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich erstellen und aushändigen.

Änderungen im Nachweisgesetz: Was gilt für bestehende Arbeitsverträge?

Die Vorschriften des aktuellen Nachweisgesetzes gelten für alle Neueinstellungen seit dem 1. August 2022. Bei zu diesem Datum bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen muss die Aushändigung der Niederschrift nach dem Nachweisgesetz nur bei Aufforderung durch den einzelnen Arbeitnehmer erfolgen, und zwar am siebten Tag bzw. innerhalb eines Monats nach deren Zugang.

Werden im bestehenden Arbeitsverhältnis aber wesentliche Bedingungen des Arbeitsvertrags geändert, muss dem Arbeitnehmer nach dem Nachweisgesetz eine Niederschrift der geänderten Bedingungen spätestens an dem Tag schriftlich vorliegen, an dem die Änderung wirksam wird. Ausgenommen sind z. B. Änderungen aufgrund anwendbarer gesetzlicher Vorschriften, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.

Nachweisgesetz für Arbeitsverträge: Bußgeld bei Nichteinhaltung

Was passiert, wenn Arbeitgeber gegen das Nachweisgesetz verstoßen? Ist der Arbeitgeber bisher seiner Nachweispflicht nicht nachgekommen, musste er lediglich im Arbeitsgerichtsprozess mit Nachteilen, z. B. mit Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer, rechnen. 

Nach der aktuellen Regelung handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, wenn der Arbeitgeber seine Pflichten aus dem Nachweisgesetz verletzt. Das Bußgeld kann bis zu 2000 Euro betragen und kann schon unter folgenden Umständen verhängt werden:

  • wenn eine Vertragsbedingung nicht schriftlich ausgehändigt wurde.
  • wenn eine Vertragsbedingung nicht richtig schriftlich ausgehändigt wurde.
  • wenn eine Vertragsbedingung nicht vollständig schriftlich ausgehändigt wurde.
  • wenn eine Vertragsbedingung nicht fristgerecht schriftlich ausgehändigt wurde.

Ob die Bestimmungen des Nachweisgesetzes eingehalten wurden, prüft die fachlich zuständige oberste Landesbehörde, die die Aufgabe aber auf eine andere Behörde oder Stelle übertragen kann.

Neue Pflichten für Entleiher und weitere Änderungen

Seit dem 1. August 2022 gelten durch das Nachweisgesetz zusätzliche Regelungen für besondere Anstellungsverhältnisse. Beispielsweise werden bei Verträgen für Auszubildende im BBiG erweitere Pflichtangaben gefordert. So ist z. B. bei Minderjährigen als Nachweis u. a. der Name und die Anschrift des gesetzlichen Vertreters anzugeben.

Bei Arbeitnehmerüberlassung war der Entleiher schon bisher dazu verpflichtet, Leiharbeitnehmer über freiwerdende Arbeitsplätze zu informieren. Neu ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nun geregelt: Hat ein Leiharbeitnehmer nach mindestens 6-monatiger Überlassung gegenüber dem Entleiher den Wunsch nach einem Arbeitsvertrag geäußert, muss der Entleiher innerhalb eines Monats nach Zugang schriftlich und begründet antworten. Diese Pflicht entfällt nur, wenn der Leiharbeitnehmer seinen Wunsch in den vergangenen 12 Monaten schon einmal vorgebracht hat.

Umsetzung des Nachweisgesetzes für Arbeitsverträge in der Praxis

Die meisten Arbeitgeber sind ihrer Pflicht der Schriftformerfordernis aus dem Nachweisgesetz bisher nachgekommen, indem sie einen Arbeitsvertrag erstellt haben. Viele der zusätzlichen Punkte aus den Neuregelungen wie z. B. Dauer der Probezeit sind dort sowieso schon enthalten.

Die zusätzlich verlangten Ausführungen z. B. zu Pausen und Ruhezeiten konnten durch Bezug auf den anzuwendenden Tarifvertrag oder die betriebliche Regelung erledigt werden. Für betriebliche Regelungen, die für alle Beschäftigten gelten, lohnte bzw. lohnt es sich, diese (bei Bedarf) in einem separaten Standard-Schreiben zusammenzustellen und auszugeben. Das ist insbesondere sinnvoll, wenn Sie vermehrt Nachfragen von Beschäftigten mit „alten“ Arbeitsverträgen erreicht haben.

FAQs: Häufige Fragen zum Nachweisgesetz für den Arbeitsvertrag

Zu vielen Änderungen im Nachweisgesetz haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen zahlreiche Rückfragen. Auf unserem Instagram-Account @Lexware haben wir unsere Follower gefragt, zu welchen Themen sie gerne eine ausführlichere Antwort haben möchten. Hier finden Sie die Rückfragen der Community:

Welche Vorteile hat das neue Nachweisgesetz für Arbeitnehmer?

 

Die Pflichten aus dem Nachweisgesetz bringen mehr Informationen und Rechtssicherheit für Arbeitnehmer, z. B. wie sich ihr Entgelt genau zusammensetzt, ob und wann Überstunden angeordnet werden können oder welche Vorgaben für die Arbeit auf Abruf gelten.

Muss dann künftig auch der Sachgrund im Arbeitsvertrag stehen?

 

Das Nachweisgesetz verlangt die voraussichtliche Dauer oder das Enddatum der zeitlichen Befristung. Bei der Zweckbefristung z. B. „bis zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit von Mitarbeiter X.“ sollte dieser Vertragszweck schon allein aus Transparenz- und Beweisgründen in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden.

Was passiert, wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt?

 

In diesen Fällen muss der Arbeitgeber die grundlegenden Arbeitsbedingungen in schriftlicher Form auf Anfrage nachreichen. Ist ein mündlicher Arbeitsvertrag noch möglich? Ja, doch greifen hier direkt die angepassten Bedingungen.Schließen beide Vertragsparteien einen neuen Arbeitsvertrag in mündlicher Form ab, muss der Arbeitgeber die Niederschrift entsprechend den Fristen laut Nachweisgesetz erstellen und übermitteln, aktuell noch mit Unterschrift aushändigen.

Ist eine zusätzliche Niederschrift nötig?

 

Wenn die Arbeitsbedingungen bereits in einem schriftlichen und vom Arbeitgeber unterzeichneten Arbeitsvertrag aufgenommen sind, ist eine zusätzliche Niederschrift nicht erforderlich. Das muss der Arbeitgeber aber im Zweifel nachweisen.

Sind mündliche Arbeitsverträge noch möglich?

 

Mündliche Arbeitsverträge sind rechtlich zulässig, jedoch schreibt das Nachweisgesetz vor, die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich festzuhalten. Dies bietet beiden Vertragsparteien eine klare rechtliche Absicherung.

Reicht ein digitaler Nachweis?

 

Bis zum 31.12.2024 gilt laut Nachweisgesetz, dass ein digitaler Nachweis nicht ausreichend ist. Die wesentlichen Arbeitsbedingungen müssen weiterhin schriftlich und in Papierform vorliegen, da die elektronische Form gesetzlich nicht anerkannt ist. Ab 01.01.2025 treten die neuen Regelungen des Bürokratieentlastungsgesetzes in Kraft und der digitale Arbeitsvertrag wird möglich. Detaillierte Informationen finden Sie im Artikel “Digitaler Arbeitsvertrag und weitere Formerleichterungen: Diese Neuerungen gelten 2025”.