Urlaub auszahlen lassen: Diese Regeln gelten für Übertragung und Auszahlung

Bei der Auszahlung oder dem Übertragen von Urlaub gibt es einiges zu beachten: Arbeitgeber müssen Beschäftigte z. B. rechtzeitig darauf hinweisen, dass noch offener Resturlaub zu nehmen ist und er sonst verfällt. Geschieht dies nicht, besteht der Urlaubsanspruch weiter. Die Auszahlung des Urlaubs ist nur für einen Fall vorgesehen, in anderen Fällen ist sie riskant, zumindest für den Arbeitgeber. Genaueres dazu und zur Übertragung von Urlaubsansprüchen haben wir hier zusammengestellt.

Zuletzt aktualisiert am 20.09.2024

Darf Urlaub ins nächste Jahr übertragen werden?

Nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) muss ein Antrag des Urlaubs grundsätzlich bis zum Jahresende erfolgen und dieser entsprechend genommen werden. Geschieht das nicht, verfällt er ersatzlos. Den Urlaub ins nächste Jahr zu übertragen ist nur vorgesehen, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht in vollem Umfang genommen werden kann.

Dringende betriebliche Gründe liegen beispielsweise dann vor, wenn die Gewährung des Urlaubs wegen Personalmangels oder dringender Aufträge nicht möglich ist. Ein persönlicher Grund liegt etwa vor, wenn der im Dezember geplante und genehmigte Urlaub wegen Erkrankung doch nicht genommen werden kann.

Ins Folgejahr übernommener Urlaub muss aber in den ersten drei Monaten gegeben und genommen werden. Sonst verfällt er grundsätzlich am 31. März ersatzlos und der Beschäftigte kann sich den Urlaub auch nicht auszahlen lassen. Diese Frist zum Urlaubsverfall kann durch eine freiwillige Vereinbarung oder einen Tarifvertrag verlängert werden.

Urlaub verfällt nur nach ausführlichem Hinweis

§ 7 BUrlG sieht vor, dass Urlaub, der bis zum 31. Dezember eines Jahres nicht gewährt und genommen wird, verfällt, sofern kein Grund für das Übertragen des Urlaubs vorliegt. Allerdings geschieht das nicht automatisch. Der Verfall des Erholungsurlaubs setzt nach der Rechtsprechung (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.2.2019, 9 AZR 541/15) regelmäßig zwei Bedingungen voraus, dass:

  • der Arbeitgeber klar und rechtzeitig über den konkreten Urlaubsanspruch und die maßgebliche Verfallfrist - zum Jahresende bzw. zum Ende des Übertragungszeitraums - aufgeklärt hat und
  • der Arbeitgeber die Beschäftigten dazu aufgefordert hat, den Urlaub tatsächlich zu nehmen.

Bis wann genau die „erforderlichenfalls förmliche“ Belehrung durchzuführen ist, ließ das Urteil offen. Die Aufklärung sollte schon aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen.

Das Gesetz und die Rechtsprechung betreffen allerdings nur den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen. Werden mehr als die gesetzlichen Urlaubstage vereinbart, dürfen für diese zusätzlichen Tage auch andere Verfallsfristen vorgesehen sein.

Die Aufforderungs- und Hinweispflicht gilt auch für den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte, mit einer Ausnahme: Weiß der Arbeitgeber nicht von der Schwerbehinderung und ist sie auch nicht offensichtlich, verfällt der Zusatzurlaub nach den allgemeinen Regeln, auch wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen ist (BAG, Urteile vom 30.8.2021, 9 AZR 143/21).

Ohne Hinweis auch keine Verjährung

Kommt der Arbeitgeber seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, kann der Urlaubsanspruch weder verfallen noch verjähren (BAG, Urteil v. 20.12.2022, 9 AZR 266/20) und wird dementsprechend übertragen.

Beispiel – das BAG-Urteil im Dezember 2022:
Als eine Arbeitnehmerin Ende Juli 2017 aus dem Unternehmen ausschied, verlangte sie die Auszahlung des restlichen Urlaubs aus mehreren Vorjahren. Der Arbeitgeber wies den Anspruch u.a. mit Hinweis auf die allgemeine dreijährige Verjährungsfrist zurück. Damit hatte er keinen Erfolg. Das BAG erklärte: „Die Verjährungsfrist beginnt erst am Ende des Kalenderjahrs zu laufen, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen informiert. Hinzukommen muss, dass der Beschäftigte den Urlaub trotz dieser Information aus freien Stücken nicht genommen hat.“ Da der Arbeitgeber seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen war, war der Urlaub weder am Ende des Urlaubsjahres (bzw. zum Ende der Übertragungsfrist) verfallen, wird also ins nächste Jahr übertragen, noch war er unter diesen Voraussetzungen nach Ablauf von drei Jahren verjährt.

Verfällt der Urlaubsanspruch bei langer Krankheit?

Fehlt ein Arbeitnehmer monatelang wegen Krankheit, entsteht trotzdem ein Urlaubsanspruch. Auch wenn Beschäftigte das ganze Jahr krank sind, können sie den gesamten Jahresurlaub beanspruchen. Dieser „Resturlaub“ verfällt allerdings grundsätzlich spätestens 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem er erworben wurde, auch wenn der Beschäftigte dann immer noch erkrankt ist.

Beispiel: Ein Jahr krank, anschließend Urlaub
Ein Mitarbeiter war seit Januar 2020 krank. Am 1. April 2021 nahm er die Arbeit wieder auf. Für 2020 hatte er den vollen Urlaubsanspruch. Dieser Urlaub aus 2020 verfiel (wie der Urlaub aus 2021) grundsätzlich am 31. Dezember 2021. Bestand ein Übertragungsgrund, ist er allerdings ebenfalls erst am 31. März 2022 verfallen.

Achtung

Verfall nur, wenn Mitwirkungspflicht erfüllt

Unklar war lange, ob der Urlaubsanspruch bei Langzeiterkrankung oder dauerhafter Arbeitsunfähigkeit auch dann nach 15 Monaten verfällt oder übertragen wird, wenn der Arbeitgeber im Urlaubsjahr nicht über den drohenden Verfall aufgeklärt hat, obwohl der Mitarbeiter den Urlaub bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit zumindest teilweise hätte nehmen können. Ein Urteil des BAG im Dezember 2022 brachte Klarheit.

Beispiel: Das BAG-Urteil
Ein Arbeitnehmer war seit einer Erkrankung im Lauf des Jahres 2017 durchgehend arbeitsunfähig. Aus 2017 waren noch 14 Urlaubstage offen. Der Arbeitgeber hatte ihn weder aufgefordert, Urlaub zu nehmen, noch darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub verfallen kann. Der Beschäftigte meinte, diese 14 Tage stünden ihm weiterhin zu. Der Arbeitgeber erklärte, der Urlaubsanspruch aus 2017 sei spätestens mit Ablauf des 31. März 2019 erloschen. Das BAG stellte fest: Auch Urlaub aus dem Jahr, indem der Arbeitnehmer zunächst gearbeitet hat und dann krank wurde, verfällt nur nach 15 Monaten, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten rechtzeitig in die Lage versetzt hat, ihn zu nehmen (BAG, Urteil v. 20.12.2022, 9 AZR 245/19).

Urlaub übertragen: Was passiert mit Resturlaub bei Elternzeit?

Bei Beschäftigten in Elternzeit bzw. Mutterschutz verfällt nicht genommener Urlaub nicht mit dem Jahresende. Urlaubstage, die vor der Elternzeit nicht genommen werden konnten, müssen nach der Elternzeit im laufenden oder darauffolgenden Urlaubsjahr gegeben werden. Das ist in § 17 BEEG ausdrücklich festgelegt. Selbst wenn sich wegen einer weiteren Geburt nahtlos eine zweite Elternzeit anschließt, verfällt der alte Urlaub nicht, er wird in jedem Fall auf die Zeit nach der Elternzeit übertragen.

Endet das Arbeitsverhältnis in der Elternzeit oder wird es im Anschluss an die Elternzeit nicht fortgesetzt, ist der Resturlaub auszuzahlen.

Urlaubsanspruch - darf oder muss ich Urlaub auszahlen?

Der Urlaub soll der regelmäßigen Erholung dienen. Darum erlaubt das Arbeitsrecht einem Arbeitnehmer nur in einem einzigen Fall, sich den Urlaub auszahlen zu lassen: Wenn der Urlaub ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden kann, weil das Arbeitsverhältnis, beispielsweise durch eine Kündigung, endet. Der Anspruch auf Auszahlung wird dann mit dem Ausscheiden des Beschäftigten fällig. Wechselt der Arbeitnehmer unter dem Jahr den Arbeitgeber, kann er den übrigen Urlaubsanspruch aus der bisherigen Beschäftigung grundsätzlich auch beim neuen Arbeitgeber geltend machen, hat also einen Abgeltungsanspruch. Um eine doppelte Inanspruchnahme zu verhindern, muss der bisherige Arbeitgeber bescheinigen, wie viel Urlaub er im laufenden Kalenderjahr bereits gewährt und ausgezahlt hat.

In der Praxis besteht häufig auch im laufenden Arbeitsverhältnis der Wunsch, sich den Urlaub auszahlen zu lassen. Mitarbeiter bitten darum oder der Arbeitgeber schlägt Urlaubsabgeltung vor, um nicht auf sie verzichten zu müssen. Das funktioniert, solange sich beide Parteien an die Abmachung halten. Rechtlich ist die Lage allerdings eindeutig: Es ist nicht erlaubt und der Arbeitgeber trägt das Risiko. Das heißt: Mit einer Auszahlung wird der Urlaubsanspruch nicht erfüllt. Die Beschäftigten könnten die ausgezahlten Urlaubstage noch einmal einfordern, und hätten beste Chancen, vor Gericht damit durchzukommen.

Stirbt der Arbeitnehmer, haben die Erben Anspruch auf Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs bzw. können sich diesen auszahlen lassen (BAG, Urteil vom 22.1.2019, 9 AZR 45/16).

Wie berechne ich die Auszahlungssumme?

Die Urlaubsabgeltung wird genauso berechnet wie das Urlaubsentgelt, das während des Urlaubs zu zahlen ist. Maßgeblich ist der durchschnittliche werktägliche Verdienst der letzten 13 Wochen vor Austritt. Dieser wird dann mit der Anzahl der Urlaubstage multipliziert.

Die Urlaubsabgeltung ist als sogenannter sonstiger Bezug zu versteuern. Demnach berechnet man die Lohnsteuer für den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn einmal ohne und einmal mit der Urlaubsabgeltung. Der Unterschiedsbetrag zwischen den errechneten Jahreslohnsteuerbeträgen ist dann die Lohnsteuer, die für den sonstigen Bezug abzuführen ist. Für die Sozialversicherung ist die Urlaubsabgeltung eine sogenannte Einmalzahlung, die Summe ist also grundsätzlich im Auszahlungsmonat ganz normal beitragspflichtig.

Praxis-Beispiel: Berechnung der Urlaubsabgeltung

Ein Arbeitnehmer hat einen festen Monatsverdienst von 3.000 EUR und arbeitet fünf Tage pro Woche. Acht Urlaubstage sollen ausbezahlt werden.

Lösung: Die Urlaubsabgeltung errechnet sich aus dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen. Gerechnet wird mit 65 Arbeitstagen (13 Wochen à 5 Arbeitstage). Der Verdienst in diesem Zeitraum beträgt 9.000 EUR. Berechnung:

Gesamtverdienst 9.000 EUR: 65 Arbeitstage = 138,46 EUR. Durchschnittsverdienst 138,46 EUR x 8 Urlaubstage = 1.107,69 EUR Urlaubsentgelt bzw. Urlaubsabgeltung