Definition
Definition: Was sind Überstunden?
Überstunden entstehen, wenn ein Arbeitnehmer länger arbeitet, als es die für ihn festgelegte Arbeitszeit vorsieht. Diese regelmäßige Arbeitszeit ist in Arbeits- und Tarifverträgen, sowie Betriebsvereinbarungen geregelt und dient als Maßstab.
Es ist wichtig, Überstunden von Mehrarbeit zu unterscheiden. Mehrarbeit bedeutet, dass die gesetzlich erlaubte Arbeitszeit (i.d.R. acht Stunden pro Werktag) überschritten wird. Teilzeitkräfte können beispielsweise viele Stunden leisten, ohne dabei die Grenze zur Mehrarbeit im rechtlichen Sinne zu überschreiten.
Wann kann ich Überstunden anordnen?
Überstunden sind gesetzlich nicht geregelt. Sie können von Ihren Mitarbeitern nur dann Überstunden verlangen, wenn es eine entsprechende Vereinbarung gibt.
Das kann der Arbeitsvertrag sein, eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat oder ein Tarifvertrag. Ohne Vereinbarung dürfen Sie Überstunden nur in absoluten Notfällen verlangen. Ein Notfall liegt z. B. vor, wenn Ihr Betrieb von einem Feuer bedroht ist und nur durch Überstunden gerettet werden kann. Ein überraschend eingehender Terminauftrag ist kein solcher Notfall. Gibt es keine Vereinbarung, können Sie nur auf den guten Willen Ihrer Mitarbeiter hoffen. Um Überstunden anordnen zu können, ist es sinnvoll und üblich, Überstunden im Arbeitsvertrag zu regeln. Dabei muss genau festgelegt werden, wie viele Überstunden Sie von Ihrem Mitarbeiter verlangen dürfen. Um zu definieren, ob Sie als Arbeitgeber das Recht auf eine einseitige Anordnung von Überstunden haben, kommt es meist zu einer Einzelfallbetrachtung.
Überstunden können vom Arbeitgeber nicht nur angeordnet, sondern auch durch eine „Duldung“ akzeptiert werden. Das bedeutet, der Arbeitgeber weiß von den Überstunden, toleriert und unterbindet sie nicht. Der Arbeitnehmer muss jedoch nachweisen, dass der Arbeitgeber Kenntnis von den Überstunden hatte und sie trotz dieser Kenntnis weiterhin zugelassen hat.
Beispiel: Überstundenregelung im Arbeitsvertrag
„Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt … Stunden pro Woche. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Anordnung der Firma Mehrarbeits- und Überstunden bis zu … Stunden im Monat zu leisten.“
Falls es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, entscheidet dieser mit, ob und in welchem Umfang, an welchen Wochentagen und von welchen Mitarbeitern Überstunden gemacht werden.
Die Höchstarbeitszeiten sind im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt. Laut § 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) darf es keine Benachteiligung bei der Bezahlung von Überstunden geben. Gleichzeitig regelt § 87 Abs. 1 Nummern 3 und 10 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), dass der Betriebsrat bei Überstunden und deren Vergütung mitbestimmt.
Allerdings sind Mehrarbeit und Überstunden nicht automatisch identisch: Mehrarbeit ist die Arbeitszeit, die über die gesetzliche Regelarbeitszeit – 8 Stunden pro Werktag bzw. 48 Stunden pro Woche - hinausgeht. Überstunden liegen bereits dann vor, wenn ein Mitarbeiter über die für sein Arbeitsverhältnis geltende Arbeitszeit hinaus arbeitet. Damit in Ihrem Betrieb nicht zu viele Überstunden anfallen, empfiehlt sich der Einsatz eines Dienstplaners, mit dem Sie Ihre Mitarbeiter effizient einsetzen.
Beispiel: Überstunden und/oder Mehrarbeit
Ihre Vollzeitmitarbeiter arbeiten normalerweise 39 Stunden pro Woche. Arbeiten sie ausnahmsweise 48 Stunden pro Woche, handelt es sich bei der 40. bis 48. Stunde um Überstunden. Mehrarbeit liegt nicht vor.
Kann ein Mitarbeiter Überstunden fordern?
Werden in Ihrem Betrieb Überstunden gemacht, müssen Sie alle vergleichbaren Mitarbeiter gleichmäßig berücksichtigen. Ein Mitarbeiter hat aber keinen Anspruch darauf, dass im Betrieb weiter Überstunden gemacht werden, weil er sich auf den Zusatzverdienst eingestellt hat. Sie können stattdessen beispielsweise auch einen weiteren Arbeitnehmer einstellen. Einen möglichen Anspruch auf Überstunden könnte sich für Arbeitnehmer aus dem Gleichbehandlungsgesetz ergeben. Dies ist der Fall, wenn Überstunden regelmäßig für mehrere Mitarbeiter angeordnet werden, einzelne jedoch ohne sachlichen Grund ausgeschlossen werden. Wichtig ist dabei, dass eine regelmäßige Anordnung von Überstunden keinen Anspruch auf eine Mindestanzahl begründet. Auch § 14 des Arbeitszeitgesetzes enthält keine Regelung, die einen Anspruch ermöglicht.
Überstunden anordnen: Müssen Überstunden bezahlt werden?
Eine gesetzliche Regelung gibt es nur im Berufsbildungsgesetz. Danach müssen z. B. bei Auszubildenden und Umschülern Überstunden bezahlt oder durch Freizeit ausgeglichen werden. Auch andere Mitarbeiter haben grundsätzlich einen Anspruch auf Bezahlung der zusätzlichen Arbeitszeit oder auf Freizeitausgleich. Denn die Überstundenvergütung ist Teil des steuerpflichtigen Arbeitslohns. Nach der Rechtsprechung sind Überstunden zu vergüten, wenn sie den Umständen nach nur gegen Bezahlung zu erwarten sind. Eine Vergütung ist immer zu erwarten und zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer ein ganz normales Entgelt erhält. Die Zahlung der Überstunden kann laufend oder per Einmalbezug erfolgen. Eine Vereinbarung, dass Überstunden mit dem Monatsentgelt abgegolten sind, ist nur in Arbeitsverträgen mit besonders hoher Grundvergütung (z. B. bei leitenden Angestellten) zulässig. Bei regelmäßigen Überstunden kann es auch zu einer zeitversetzten Abrechnung im Monat kommen.
Bezahlen Sie Ihrem Mitarbeiter einen Stundenlohn, erhält er für jede Überstunde ebenfalls diesen Stundenlohn. Zahlen Sie einen Monatslohn, müssen Sie ausrechnen, wie viel davon einer Stunde entspricht. Handelt es sich bei den Überstunden um Nachtarbeit (§ 2 Abs. 3 ArbZG) muss auch der Nachtarbeitszuschlag gezahlt werden. Weitere Zuschläge werden nur bei branchenüblichen Voraussetzungen gewährleistet. Ob Sie die Überstunden auch in Freizeit ausgleichen dürfen, hängt davon ab, ob Sie das im Arbeitsvertrag oder in der Gleitzeitregelung vereinbart haben.
Wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit selbstständig einteilen kann, ist der Arbeitgeber in der Regel nicht verpflichtet, nicht ausgeglichene Überstunden zu bezahlen. Laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, wonach Überstunden immer vergütet werden müssen, sofern es die Möglichkeit gibt, diese durch Freizeit auszugleichen. In diesem Fall gibt es keine lohnsteuerlichen Folgerungen.
Tipp
Nur angeordnete Überstunden werden bezahlt
Bezahlung kann Ihr Mitarbeiter nur verlangen, wenn Sie die Überstunden angeordnet haben oder er sie mit Ihrem Wissen gemacht hat (z.B. die Zeit, die ein Lkw-Fahrer als Beifahrer verbringt). Macht er Überstunden, weil er einfach nicht fertig wird, müssen Sie das unterbinden, wenn Sie nicht zahlen möchten. Zudem muss der Arbeitnehmer, der Überstundenvergütung fordert, genau nachweisen, wann und in welchem Umfang die Überstunden geleistet wurden.
Muss ich einen Zuschlag zahlen, wenn ich Überstunden anordne?
Ist es in Ihrem Betrieb oder in Ihrer Branche üblich, einen Zuschlag für Überstunden zu zahlen, kann Ihr Mitarbeiter diesen Zuschlag verlangen. Tarifverträge sehen häufig einen Zuschlag vor. Um Streitigkeiten zu vermeiden, ist es sinnvoll, im Arbeitsvertrag zu regeln, wie Überstunden bezahlt werden.
Info
Das Wachstumschancengesetz
Ab dem 01.01.2025 gilt das Wachstumschancengesetz. Dadurch wird eine wichtige Änderung bei der Besteuerung von Abfindungen eingeführt und die sogenannte Fünftelregelung wird abgeschafft.
Vergütung bei Gesellschafter-Geschäftsführern
Für die Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH gibt es eine besondere Regelung bei der Vergütung von Überstunden. Diese stehen oft unter dem Verdacht, eine sogenannte „verdeckte Gewinnausschüttung “ darzustellen. Dies passiert, weil eine Vereinbarung zur Überstundenvergütung im Allgemeinen nicht dem Aufgabenbereich eines Geschäftsführers entspricht. Das bezieht sich auch auf Minderheitsgesellschafter. Überstundenvergütungen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer werden deshalb häufig als eine unzulässige Gewinnausschüttung angesehen, die steuerlich problematisch sein kann.
Überstunden anordnen bei Teilzeitbeschäftigten
Überstunden Ihrer Teilzeitbeschäftigten müssen Sie genauso bezahlen oder in Freizeit ausgleichen wie Überstunden von Vollzeitbeschäftigten. Sie dürfen mit Teilzeitmitarbeitern aber vereinbaren, dass sie den Extra-Zuschlag erst erhalten, wenn sie mit ihren Überstunden über die normale Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten kommen. Vor Gericht kann ein Mitarbeiter seine Überstundenvergütung nur durchsetzen, wenn er beweisen kann, wann er wie viele Überstunden gemacht hat, und dass sie von Ihnen angeordnet waren.
Regelungen zur Überstundenvergütung von Teilzeitbeschäftigten können unter Umständen gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot verstoßen. Dies ist dann der Fall, wenn Teilzeitkräfte im Vergleich zu Vollzeitbeschäftigten bei der Vergütung von Überstunden benachteiligt werden. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass es keinen Verstoß gibt, wenn Teilzeitbeschäftigte nur dann Überstundenzuschläge erhalten, wenn sie die Arbeitszeit von Vollzeitkräften überschreiten. Ein Verstoß liegt jedoch vor, wenn Teilzeitkräfte entweder gar keine Überstundenvergütung oder diese mit einer geringeren Überstundengrundvergütung als Vollzeitkräfte erhalten.
Beispiel: Überstundenzuschlag im Arbeitsvertrag
"Die Firma zahlt für jede angeordnete und geleistete Über- oder Mehrarbeitsstunde einen Zuschlag in Höhe von 25 % des Arbeitsentgelts."
Praxis-Beispiel: Vergütung von Überstunden nach einer Kündigung
Sachverhalt: Der Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers enthält folgenden Satz: „Durch die Bruttovergütung sind betrieblich notwendige Überstunden bzw. Mehrarbeit abgegolten“. Der Arbeitnehmer ist Lagerarbeiter einer Spedition und erhält für seine Vollzeitbeschäftigung 1.800 EUR brutto. Nachdem das Arbeitsverhältnis beendet ist, verlangt er Vergütung für geleistete Überstunden. Muss der Arbeitgeber zahlen?
Antwort: Der Arbeitgeber muss die Überstunden bezahlen. Die Formulierung im Arbeitsvertrag ist unwirksam, weil der Arbeitnehmer nicht sehen kann, wie viele Stunden er für das vereinbarte Entgelt tatsächlich arbeiten muss. Damit ist die Vergütung von Überstunden nicht (gültig) geregelt. Das hat zur Folge, dass sie zu bezahlen sind, wenn die Umstände dafür sprechen, dass sie nur gegen Bezahlung zu erwarten waren. Bei einem Bruttoentgelt von 1.800 EUR für eine Vollzeitbeschäftigung sind sie nur gegen Entgelt (Stundenlohn plus Zuschlag) zu erwarten (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.2.2012, 5 AZR 765/10).
Aber: Ist der Arbeitnehmer Lager- und Logistikleiter und verdient 6.300 EUR im Monat, liegt der Fall anders. Diesem Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber die Überstunden nicht bezahlen. Weil er ein deutlich überdurchschnittliches Entgelt erhält, darf der Arbeitgeber erwarten, dass er unbezahlte Überstunden macht. Nach der Rechtsprechung dürfen unbezahlte Überstunden verlangt werden, wenn das Monatsentgelt eines Arbeitnehmers über der Bemessungsgrenze der Rentenversicherung liegt.
Die Besteuerung von Überstunden
Die Besteuerung von Überstunden wird durch § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EstG) geregelt, da Überstundenvergütung als Teil des Arbeitslohns gelten. In den Lohnsteuerrichtlinien (R 39b.2 LStR) gibt es Hinweise, wie laufender Arbeitslohn von einmaligen Zahlungen abgegrenzt wird.
In der Sozialversicherung unterliegen Überstundenvergütungen gemäß § 14 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs IV der Beitragspflicht, da sie als Arbeitsentgelt gelten.
Entgelt | LSt | SV |
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Überstundenvergütung | pflichtig | pflichtig |
Sind Überstunden sozialversicherungspflichtig?
Überstundenvergütung als Arbeitsentgelt: Überstundenvergütungen gelten als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und müssen in der Sozialversicherung berücksichtigt werden.
Beitragsrechtliche Zuordnung: Die Überstundenvergütung wird im Monat der Leistung der Überstunden zur Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge herangezogen. Wenn sie jedoch später zusammen mit dem Entgelt des nächsten Monats abgerechnet wird, kann sie auch erst dann beitragsrechtlich berücksichtigt werden.
Angesammelte Überstundenvergütung: Die Auszahlung von Überstunden kann als Einmalzahlung oder laufender Bezug erfolgen. Werden Überstundenvergütungen über mehrere Monate gesammelt und das Auszahlen erfolgt per Einmalzahlung, kann diese Zahlung als einmaliges Arbeitsentgelt behandelt werden. Sie muss jedoch im selben Kalenderjahr oder spätestens bis zum 31. März des folgenden Jahres ausgezahlt werden.
Umlagepflicht: Auch wenn die Überstundenvergütung wie eine Einmalzahlung behandelt wird, müssen trotzdem Umlagen für die Sozialversicherung (U1 und U2) gezahlt werden. Diese wären für regulär gezahltes einmaliges Entgelt nicht erforderlich.
Jahresarbeitsentgeltgrenze: Überstundenvergütungen gelten als unregelmäßiges Entgelt und werden bei der Ermittlung des Jahresarbeitsentgelts nicht berücksichtigt. Es sei denn, es handelt sich um regelmäßige Pauschalen für Überstunden.
Zusammengefasst müssen gesetzliche Anforderungen in Bezug auf die Überstunden und die Sozialversicherung beachtet werden, obwohl es Flexibilität bei der Berechnung und Auszahlung gibt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Beitragsrechnung und der Abführung von Umlagen.