Das Weiterbildungsgesetz von 2023 – die wichtigsten Eckpunkte
Am 20. Juli 2023 hat die Bundesregierung mit dem „Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“ (kurz: Weiterbildungsgesetz) Neuregelungen auf den Weg gebracht, die den Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Auszubildende, Arbeitnehmer und Unternehmen erleichtern soll.
Für junge Menschen ist eine abgeschlossene Ausbildung ein wichtiger Einstieg in das Berufsleben. Betrachtet man die Stellenausschreibungen, fällt auf, dass zahlreiche Ausbildungsplätze (zum Beispiel in Handwerksberufen) angeboten werden. Dennoch bleiben viele dieser Ausbildungsplätze unbesetzt.
Auf der anderen Seite verfügen viele junge Menschen über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Hier besteht ein erhöhtes Risiko von Arbeitslosigkeit. Mit dem Weiterbildungsgesetz versucht die Bundesregierung unter anderem, Berufsausbildungen im Land besser zu fördern. Im Fokus steht hierbei insbesondere eine Ausbildungsgarantie.
Für Berufstätige und Unternehmen, die sich an die neue Arbeitswelt anpassen möchten, sind besonders die Reform der Weiterbildungsförderung sowie das Qualifizierungsgeld relevant.
Info
Wann sind 2024 die unterschiedlichen Maßnahmen des Weiterbildungsgesetzes in Kraft getreten?
- Die Gesetzesänderungen zu den berufsorientierten Praktika, dem Mobilitätszuschuss und den Einstiegsqualifizierungen traten zum 1. April 2024 in Kraft.
- Die Ausbildungsgarantie trat zum 1. August 2024 in Kraft.
- Das Qualifizierungsgeld wurde zum 1. April 2024 eingeführt.
- Die Umsetzung der Reform der Weiterbildungsförderung trat ebenfalls zum 1. April 2024 in Kraft.
Was ist die Ausbildungsgarantie?
Mit dem Weiterbildungsgesetz führt der Bund eine sogenannte Ausbildungsgarantie ein. Das Ziel ist es, junge Menschen bei der Aufnahme sowie dem erfolgreichen Abschluss einer betrieblichen Ausbildung zu unterstützen. So soll ihnen diese Unterstützung zukommen:
- Agenturen für Arbeit und Jobcenter sollen künftig noch stärker bei der Berufsorientierung und der Aufnahme einer Berufsausbildung unterstützen.
- Die Förderung von berufsorientierten Kurzpraktika in Betrieben und anderen Bildungsstätten soll jungen Menschen eine Chance auf einen Ausbildungseinstieg bieten.
- Junge Menschen, die in einer Region leben, in der es kaum passende Ausbildungsplätze gibt, müssen häufig an einen anderen Ort ziehen. Mit der Einführung des Mobilitätszuschusses sollen zwei Familienheimfahrten pro Monat übernommen werden.
- Junge Menschen sollen einen leichteren Zugang zu einer vollqualifizierten Berufsausbildung erhalten. Dabei liegt der Fokus aber weiterhin auf einer betrieblichen Ausbildung. Wer sich jedoch erfolglos um einen Ausbildungsvertrag bei Betrieben bemüht hat, kann als „ultima ratio“ eine geförderte außerbetriebliche Ausbildung abschließen.
Was ist das Qualifizierungsgeld?
Ein weiterer wichtiger Eckpunkt des Weiterbildungsgesetzes ist das Qualifizierungsgeld. Denn: Gute Fachkräfte im Betrieb zu halten, wird für Unternehmen häufig zur Herausforderung. Das gilt vor allem, wenn es sich um einen Arbeitsplatz handelt, der durch einen regionalen oder branchenbedingten Wandel in Gefahr ist.
Eine Lösung kann eine Qualifizierung bieten. Das Qualifizierungsgeld für Beschäftigte unterstützt Betriebe dabei, Mitarbeiter auch während einer Weiterbildung im Unternehmen zu binden. Durch diese Art der Mitarbeiterbindung soll verhindert werden, dass Beschäftigte ihren Arbeitsplatz aufgrund von Strukturwandel verlieren.
Wie funktioniert das Qualifizierungsgeld?
Möchten Arbeitgeber diese Art der Weiterbildungsförderung nutzen, sollten sie folgende Regelungen kennen:
- Das Qualifizierungsgeld wird als Entgeltersatz während der Weiterbildung gezahlt und ergänzt die bisherige Fortbildungs- sowie Umschulungsförderung.
- Dabei wird es unabhängig von der Betriebsgröße, dem Alter oder der Qualifikation der Beschäftigten gewährt.
- Betriebe müssen Ihren Mitarbeitern die Freistellung für die Weiterbildung ermöglichen und die Weiterbildungskosten tragen.
- Bei den Entgeltzahlungen werden sie jedoch mithilfe des Qualifizierungsgeldes entlastet.
- Der Arbeitgeber muss das Qualifizierungsgeld mindestens drei Monate vor der Weiterbildungsmaßnahme beantragen.
- Die Förderdauer umfasst maximal 3,5 Jahre.
Wie hoch ist das Qualifizierungsgeld?
Gemäß der neuen Rechtsverordnung müssen Arbeitgeber das Qualifizierungsgeld als Entgeltersatz (angelehnt an das Kurzarbeitergeld) in Höhe von 60 Prozent bzw. 67 Prozent des Nettoentgeltes, das durch die Weiterbildung entfällt, zahlen.
An welche Bedingungen ist das Qualifizierungsgeld gekoppelt?
Für die Inanspruchnahme des Qualifizierungsgeldes müssen Unternehmer die folgenden Voraussetzungen beachten:
- Die Weiterbildung muss den Beschäftigten eine zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen ermöglichen.
- Der Arbeitgeber muss die Weiterbildung finanzieren.
- Es muss ein strukturwandelbedingter Qualifizierungsbedarf für min. 20 Prozent der Arbeitnehmer bestehen bzw. mind. 10 Prozent in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten.
- Der Mindestumfang der Weiterbildung soll 120 Stunden umfassen.
- Der Träger der Maßnahme benötigt eine Förderungszulassung.
Entsprechende Regelungen für die Weiterbildung müssen durch Betriebsvereinbarung / Tarifvertrag getroffen worden sein. Entlastungen bei den Voraussetzungen gibt es für Kleinstbetriebe.
Vereinfachung durch Reform der Weiterbildungsförderung
Im Sinne der Arbeitnehmer soll das Weiterbildungsgesetz außerdem aktuelle Regelungen zur Unterstützung von Lehrgängen vereinfachen. Wie sieht das konkret aus?
- Die Regelungen sollen übersichtlicher gestaltet werden,
- Sondertatbestände reduziert werden.
Dies soll dafür sorgen, dass mehr Transparenz der Fördermittel durch feste Fördersätze und weniger Förderkombinationen gewährleistet wird. Die Bundesregierung will damit den Zugang zu Weiterbildungsangeboten für Arbeitgeber und Beschäftigte erhöhen. In fast allen Bereichen der Wirtschaft bestehen strukturwandelbedingte Weiterbildungsbedarfe. Für die allgemeine Weiterbildungsförderung wurde deshalb bei den Voraussetzungen auf die Betroffenheit der Tätigkeit vom Strukturwandel oder eine Weiterbildung in einem Engpassberuf verzichtet. Zudem soll das neue Weiterbildungsgesetz mehr Planungssicherheit für Arbeitgeber bieten.
Weitere Maßnahmen durch das Weiterbildungsgesetz
Das neue Weiterbildungsgesetz des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) enthält zahlreiche Maßnahmen zur Weiterbildungsförderung. So beispielsweise auch:
- Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten müssen sich nicht an den Lehrgangskosten beteiligen (ehemals war die Grenze bei 10 Beschäftigten).
- Wird die Kurzarbeit für die berufliche Weiterbildung genutzt, erstattet der Bund Beiträge zur Sozialversicherung über den 31. Juli 2023 hinaus um ein weiteres Jahr zur Hälfte (vgl. das sog. Arbeit-von-morgen-Gesetz).
Welche Schulungen werden durch das Weiterbildungsgesetz gefördert?
Laut Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) kommen folgende Maßnahmen als Weiterbildung infrage:
- Lehrgänge zur Fortbildung
- Umschulungen zur Neuorientierung
- Meisterkurse zur Wissensvertiefung
- Sprachunterricht zur Verbesserung der Kommunikation
- Programme zum Aufholen von Schulabschlüssen
Welche Möglichkeiten zur Weiterbildung gibt es?
Lebenslanges Lernen ist der Schlüssel zum Erfolg. Neben tiefergreifenden Weiterbildungen wie Meisterkursen oder das Aufholen von Schulabschlüssen, gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich und Ihre Mitarbeiter weiterzubilden deshalb hier eine kleine Übersicht:
Fachmessen
Um immer auf dem neuesten Stand zu sein, bietet sich der Besuch von großen Messen. Fachmessen finden zu verschiedenen beruflichen Schwerpunkten statt und bieten die Möglichkeit, sich über die neusten Entwicklungen im jeweiligen Berufsfeld zu informieren.
Unkonferenzen & Barcamps
Eine Unkonferenz oder auch ein Barcamp ist eine Veranstaltung, die sich von einem langen vorher feststehenden Programm löst und stattdessen mit Sessions arbeitet, über die man sich vorher gemeinsam einigt. Das funktioniert, weil die Teilnehmenden ihre eigenen Sessionvorschläge mitbringen, wie Workshops, Vorträge oder Diskussionen, und erklären, welche Erfahrung oder Expertise zu welchem Thema sie in 20 bis 40 Minuten teilen können. Weil die mühsame Vorbereitung eines Rahmenprogramms entfällt und die Speaker Teilnehmende sind und keine Honorare anfallen, sind Barcamps flexibel und bezahlbar. Sie können dabei entweder 2 Stunden oder mehrere Tage dauern.
Meetups, Impuls-Vorträge, Unternehmer-Brunch oder Breakfast
Online gibt es eine reichliche Auswahl an Community- und Weiterbildungsveranstaltungen, bei denen Sie sich und Ihre Mitarbeitenden weiterbilden und vernetzen können, auch remote.
Online-Schulungen
Eine einfache und unkomplizierte Form der Weiterbildung bieten Online-Schulungen. Damit Sie vor allem in Ihrer direkten Umgebung immer am Ball bleiben, melden Sie sich am besten für die Newsletter der Industrie- und Handelskammer, aller großen Coworking Spaces, Unternehmerverbänden und den Innungen und Verbänden Ihrer Branche an. So verpassen Sie kein Event und können auch diese Möglichkeit für sich und Ihre Mitarbeiter nutzen.
Eigene Events veranstalten
Wenn Sie nicht ganz die richtige Veranstaltung finden können, dann bleibt immer noch die Möglichkeit, eigene Events bzw. Meetups ins Leben zu rufen. Das dient sowohl einem Austausch innerhalb Ihrer Branche wie auch als Werbung für Ihr Unternehmen.
Tipp
Weiterbildung auch in der Mitarbeiterführung nicht außer Acht lassen
Lebenslanges Lernen und Weiterbildung sind essenziell für Führungskräfte, um sich in einer sich ständig verändernden Welt anzupassen – nicht nur in Bezug auf Mitarbeiterführung, sondern auch, um ganzheitlich erfolgreich zu sein. Einen guten Einstieg in das Thema Fortbildung in diesem Bereich bietet, neben Events für Unternehmer als Arbeitgeber und dem Austausch in Communities, jederzeit auch Fachliteratur mit unterschiedlichen Schwerpunkten innerhalb der Mitarbeiterführung. So lernen Arbeitgeber oder führende Angestellte wichtige Aspekte der Personalführung oder können ihr bereits vorhandenes Wissen vertiefen.
Die drei sozialen Bereiche Management, Teamführung und Kommunikation haben sich in den letzten 10 bis 20 Jahren sehr verändert und sollten deshalb auch stets bei der Weiterbildung berücksichtigt werden. Der stetige Wandel der digitalen Welt setzt sich in den Anforderungen an Führungskräfte fort: Statt straffer Hierarchie und Aufsicht sind heute gutes Kommunikationsvermögen und ein Wissen über grundsätzliche Zusammenhänge menschlichen Denkens erfolgsentscheidend.
Fazit: Weiterbildungsgesetz bringt einige Vorteile für Unternehmen mit sich
Für die betriebliche bzw. berufliche Weiterbildung enthält das neue Weiterbildungsgesetz enthält einige attraktive Fördermaßnahmen, die insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) deutlich entlasten können. In Zeiten des Fachkräftemangels sollten Unternehmer hier entsprechende Möglichkeiten abwägen. Die meisten Maßnahmen werden im Jahr 2024 schrittweise an den Start gehen. Vor allem, wenn Arbeitgeber Ausbildungsstellen nur schwer besetzen können, ergeben sich durch das Weiterbildungsgesetz neue Möglichkeiten. Durch den Mobilitätszuschuss können Betriebe gegebenenfalls auch Azubis aus weiter entfernten Regionen für sich gewinnen. Das Qualifizierungsgeld entlastet Arbeitgeber in der Zeit, in der Ihre Arbeitnehmer für Weiterbildungsmaßnahmen freigestellt sind. Allerdings müssen sich Arbeitgeber hier auch umfassend über die Voraussetzungen informieren und fristgerecht den Antrag stellen.