Bilanzanalyse: Die zweckgerichtete Auswertung des Jahresabschlusses
Die Erstellung einer Bilanz inkl. Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) gehört zum Pflichtprogramm für viele Unternehmen, wenn sie nicht wegen eines geringeren Umsatzes davon befreit sind und sich auf die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) beschränken dürfen. Oft haben besonders kleinere Unternehmen keine Kapazitäten, die Bilanz selbst zu erstellen und lagern diese Arbeit an den Steuerberater aus. Dadurch fällt oft auch die Bilanzanalyse sehr verkürzt aus.
Die Bilanz wird einmal im Geschäftsjahr für den Jahresabschluss erstellt. Dieser bereitet die Daten, die das Unternehmen im Laufe des Jahres angesammelt hat, so auf, dass sinnvolle Aussagen über seine wirtschaftliche und finanzielle Situation gemacht werden können. Dafür ist es allerdings notwendig, sich diese Zahlen mit der Bilanzanalyse anzuschauen, um tatsächlich auch die einzelnen Kennzahlen getrennt voneinander und in ihrem Zusammenhang zu betrachten. Diese Kennzahlen wiederum helfen dem Unternehmer dabei, gegenüber einer Bank mit der größtmöglichen Klarheit und Sicherheit aufzutreten.
Was ist eine Bilanzanalyse?
Die Bilanzanalyse, oder auch Jahresabschlussanalyse, setzt sich aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung sowie dem Anhang zusammen. Bei Kapitalgesellschaften fließt auch der Lagebericht in die Bilanzanalyse ein. Bilanzierende Unternehmen müssen ihre derzeitige und zukünftige Lage darstellen. Die Erstellung erfolgt jährlich durch interne oder externe Kräfte, und aus den Ergebnissen können Unternehmen Potenziale und Prognosen ableiten.
Ziele der Bilanzanalyse
Mithilfe der Analyse erreichen Unternehmen Folgendes:
- Die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses wird sichergestellt
- Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens wird dargestellt
Die Bilanzanalyse erfolgt auf Basis geeigneter Kennzahlen. Die realistische Einschätzung eines Unternehmens ist nicht nur für interne Einschätzungen und Entscheidungen wichtig. Auch externe Partner brauchen wirtschaftliche Erwartungssicherheit. Unternehmen müssen Chancen und Risiken ermitteln, damit sie die notwendige Koordination und Kooperationen realisieren können.
Formen der Bilanzanalyse
Die wichtigste Form ist die interne Bilanzanalyse. Sie wird durch interne Mitarbeiter oder betriebsfremde Vertrauenspersonen durchgeführt, wie bspw. Wirtschaftsprüfer. Prinzipiell stehen hierfür alle Unterlagen zur Verfügung. Deshalb ist die interne Bilanzanalyse auch die aussagekräftigste Form.
Eine weitere Form ist die externe Bilanzanalyse. Hierfür dürfen Prüfer lediglich öffentlich zugängliche Materialien verwenden. Da viele (große) Unternehmen jedoch aktiv Public Relations (PR) betreiben, ist diese Art der Analyse erfahrungsgemäß wenig verlässlich. Echte Probleme können in der Regel nicht auf diesem Weg identifiziert werden.
Weitere zweckbestimmte Formen sind:
- Die qualitative Bilanzanalyse ist eine verstärkte Auswertung des Lageberichts sowie des Anhangs. Die Lage des Unternehmens wird qualitativ erfasst.
- Die quantitative Bilanzanalyse beruht auf der Auswertung von Kennzahlen. Die Auswahl der richtigen Kennzahlen ist von kritischer Bedeutung. Es gilt, die Ziele der Analyse zu beachten und sorgfältig abzuwägen. Viele Kennzahlen erhöhen zwar die Aussagekraft der Analyse, können aber auch die Übersichtlichkeit schmälern.
- Weitere Formen sind die Rentabilitäts-, Liquiditäts-, Finanzierungs-, Ergebnis- und Vermögensanalyse.
Bei der Erstellung des Jahresabschlusses müssen Sie verschiedene Gesetze, vor allem das HGB beachten. Sie müssen alle formalen und materiellen Vorgaben erfüllen. Halten Sie den Grundsatz der ordnungsgemäßen Buchführung ein und bilden Sie die reale Lage des Unternehmens ab. Lexware Office ist die ideale Software für diese Aufgabe.
Die vier Schritte der Bilanzanalyse
Die Bilanzanalyse können Sie in vier Schritten durchführen. Diese Schritte sind:
Bilanzlesung
Bei der Bilanzlesung verschaffen Sie sich einen ersten Eindruck. Dafür schauen Sie sich das Kapital, das Vermögen, die Bilanzsumme, den Umsatz und den Gewinn an. Diese Positionen stehen in einem Verhältnis zueinander. Zusätzlich werden auch der Lagebericht und Anhang gelesen.
Zeitvergleich
Im Zeitvergleich stellen Sie die Zahlen des Jahresabschlusses denen der Vorjahre gegenüber. Das können gerne fünf Jahre oder mehr sein.
Die Veränderungen in den Bilanzsummen, Gewinnen und Umsätzen zeigen Trends auf. Auf diese Trends können Sie reagieren, wenn Sie diese erkennen.
Der Zeitvergleich kann beispielsweise mit einer Bewegungsbilanz dargestellt werden.
Bildung von Kennzahlen
Sie können verschiedene Kennzahlen für die Bilanzanalyse heranziehen. Die Kenngrößen aus der Strukturbilanz ergeben sich unter anderem für die Vermögens- und Kapitalstruktur, die Vermögensdeckung, die Rentabilität und Liquidität.
Info
Welche Kennzahlen einer Bilanz spielen eine wichtige Rolle?
Zum einen gehören Kennzahlen zur Rentabilität zur Bilanzanalyse. Dazu zählen der Cashflow, die Eigenkapitalrentabilität und Gesamtkapitalrentabilität. Hinzu kommen Kennzahlen, die etwas über die Stabilität des Unternehmens aussagen. Etwa die Liquidität, Anlagendeckelung und die Fremdkapitalquote. Kennzahlen zur Betriebstätigkeit zeigen Ihnen hingegen, wie schnell Ihr Unternehmen Forderungen realisieren und Verbindlichkeiten begleichen kann. Dazu zählen unter anderem Debitorenlaufzeit, Kreditorenlaufzeit und die Lagerdauer.
Sie werten basierend darauf die Einflüsse aus, die auch veränderte Gegebenheiten berücksichtigen müssen. Dabei spielt die Bewertung von Kennzahlen eine große Rolle.
Kennzahlen bewerten
Bei der Bewertung der Kennzahlen müssen Sie immer die goldene Bilanzregel beachten. Die besagt, dass langfristiges Vermögen auch langfristig finanziert werden muss, während das kurzfristige Vermögen entsprechend kurzfristig finanziert werden muss.
Die goldene Bilanzregel ist im Grunde selbst eine Kennzahl, die sich in zwei Kennzahlen spaltet: den ersten und den zweiten Deckungsgrad.
Deckungsgrad 1 ist das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Anlagevermögen. Der Quotient muss dabei immer 1 oder höher sein. Der erste Deckungsgrad ist die goldene Bilanzregel im engeren Sinne.
Die goldene Bilanzregel in der lockeren Form ist der Deckungsgrad 2. Hier wird in die Berechnung das langfristige Fremdkapital mit einbezogen. Wenn nur der zweite Deckungsgrad erfüllt wird, ist das ein Anzeichen dafür, dass zu wenig Eigenkapital im Unternehmen vorhanden ist, um langfristiges Vermögen auch langfristig zu finanzieren. Es muss für die Finanzierung also auf Fremdkapital zurückgegriffen werden. Man spricht dabei auch von der silbernen Bilanzregel.
Auch andere Kennzahlen sollten Sie unter die Lupe nehmen und Maßnahmen in die Wege leiten, um diese zu verbessern. Die Debitorenlaufzeit lässt sich beispielsweise mit einem strikteren Mahnwesen verbessern, während eine Senkung der Lagerdauer zu einer Senkung der Lagerkosten führen kann. Nehmen Sie sich auch die Zeit, die Eigenkapitalquote ausführlich zu bewerten, da diese einen großen Anteil auf das Kredit-Ranking-System der Banken hat.
Herausforderungen bei der Bilanzanalyse
Kennzahlen sind stark bewertungsabhängig. Damit sind sie grundsätzlich geeignet, um eine Bilanzanalyse zu schönen. (Legale) Manipulationen von Bilanzen gehören zum Alltag in Unternehmen. Das gelingt bspw. durch Window Dressing, dem absichtlichen Terminieren von Transaktionen vor dem Bilanzstichtag. Solche Maßnahmen können sinnvoll sein, wenn ein Unternehmen zum Beispiel einen günstigeren Kredit bei einer Bank erhalten möchte.
Alle Maßnahmen der Bilanzkosmetik bergen jedoch das Risiko einer fatalen Selbsttäuschung. Wenn im Einzelfall nicht alle relevanten Informationen über Maßnahmen der Bilanzkosmetik an das Management weitergegeben wurden, entsteht bei den Entscheidungsträgern ein falsches Bild der betrieblichen Lage. Die Buchhaltungssoftware von Lexware Office ist darauf ausgelegt, den Managern und Controllern in Ihrem Unternehmen jederzeit einen realistischen Blick auf die Situation in Ihrem Unternehmen zu garantieren.
Fazit
Die Bilanzanalyse ist eine wichtige Darstellung der aktuellen Situation eines Unternehmens. Sie ist nicht nur für Außenstehende interessant, sondern bietet auch dem Unternehmen selbst wichtige Erkenntnisse über die finanzielle Lage.
Allerdings ist die Analyse nicht einfach anzustellen und sollte von Profis durchgeführt werden, damit die Zahlen am Ende auch stimmen. Nicht nur, weil man sich sonst selbst täuscht, sondern auch, weil Fehler weitreichende Folgen haben.