Nachhaltigkeit

Pflichten zur Nachhaltigkeits­bericht­erstattung von Unternehmen: das sollten KMU jetzt tun

Mit der CSRD-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung werden mehr Unternehmen verpflichtet, ihre Aktivitäten im Hinblick auf Nachhaltigkeit offenzulegen. Direkt betroffen sind zwar nur größere Unternehmen – doch auch kleinere Betriebe sollten sich darauf vorbereiten. Hintergrund ist, dass größere Unternehmen von Geschäftspartnern ebenfalls verlangen, dass sie nachweisen, was sie in puncto Nachhaltigkeit realisieren. Hier erfahren Sie, wie Sie Ihr Unternehmen auf derartige Anfragen vorbereiten können.

Zuletzt aktualisiert am 24.04.2025
© Fahroni - gettyimages.com

Was ist Nachhaltigkeits­bericht­erstattung und welche Unternehmen müssen sie umsetzen?

Im November 2022 hat die europäische Union die neue Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD (genauer: Corporate Sustainability Reporting Directive) veröffentlicht. Sie verpflichtet große Unternehmen dazu, Informationen über ihre Nachhaltigkeitsstrategien, -ziele und -maßnahmen offenzulegen. Vereinfacht ausgedrückt muss im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung dargestellt werden, was ein Unternehmen tut, um die Umwelt zu schonen und soziale Standards einzuhalten (früher Bestandteil der sog. „nichtfinanziellen Erklärung“). Beides soll im Einklang mit ökonomischen Zielen erfolgen, etwa der Gewinnerzielung.

Geplant war, dass die Richtlinie schrittweise immer mehr Unternehmen betreffen wird – mittlerweile ist die EU von diesem Plan wieder abgerückt. Mit Veröffentlichung der Omnibus-Verordnung im April 2025 soll sich der Adressatenkreis künftig an jenen der Lieferkettenrichtlinie CSDDD richten. Somit wären nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden sowie einem Jahresumsatz von über 50. Mio Euro oder einer Bilanzsumme von über 25 Mio. Euro von der Berichtspflicht betroffen.  

Auch kleinere Unternehmen sind von der Pflicht zur Nachhaltigkeits­bericht­erstattung betroffen

Wer jetzt glaubt, dass kleinere Unternehmen von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht betroffen sind oder noch Jahre Zeit für die Umsetzung haben, irrt sich! Denn große Betriebe gehen verstärkt dazu über, von ihren Geschäftspartnern zu verlangen, dass sie ebenfalls darstellen, was sie in puncto Nachhaltigkeit umsetzen. Die großen Unternehmen müssen nämlich selbst belegen, dass sie mit Partnern agieren, die ihrerseits ökologisch wirtschaften. Die EU sieht vor, dass diese Anfragen maximal den Umfang der Standards für die freiwillige Berichterstattung (VSME) haben dürfen.  

Info

VSME: Der freiwillige EU-Nachhaltigkeitsstandard für KMU

KMU sollten sich in der Praxis ebenfalls mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinandersetzen, auch wenn sie nicht der CSRD unterliegen. Hierzu hat die EU im Dezember 2024 die „Voluntary SME-Standards“ (VSME) veröffentlicht, die von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt wurden. Diese dienen als Instrument für KMU, um sie in die Lage zu versetzen, ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen leichter dokumentieren zu können.  

Wer also mit größeren Unternehmen Geschäfte macht, wird eher früher als später über die eigenen Nachhaltigkeitsbestrebungen berichten müssen.  Viele Kleinunternehmen müssen daher kurzfristig damit rechnen, dass sie reagieren müssen, wenn sie in die Wertschöpfungsketten berichtspflichtiger Unternehmen eingebunden sind.  

Auch bezüglich weiterer Aspekte haben die neuen CSRD-Richtlinien und Vorschriften Auswirkungen: Finanzinstitute werden die Kreditvergabe künftig vermehrt an Nachhaltigkeitsaktivitäten von Unternehmen ausrichten. 

Ähnliche Erfahrungen kennen viele KMU bereits durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Auch hier müssen Betriebe, wenn sie große Kunden oder Lieferanten haben, nachweisen, was sie tun, um z.B. sicherzustellen, dass Menschenrechte global nicht verletzt werden. Jedoch bleibt auch hier abzuwarten, ob das LkSG weiter Bestand haben wird: Die neue Regierung aus CDU, CSU und SPD möchte dieses Gesetz mit sofortiger Wirkung abschaffen und langfristig durch die europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) ersetzen.

Info

Übersicht: Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU

Die Pilotgruppe „KMU-Reporting“ hat eine Übersicht zu aktuellen Informationsbedarfen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU veröffentlicht. Diese stellt die bereits bestehenden und sich abzeichnenden zukünftigen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von KMU dar. Die Übersicht dient dazu, Rückschlüsse und Anhaltspunkte für eine einheitlichere und vereinfachte (gesetzliche) Gestaltung von Berichtsanforderungen zu geben.

Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung des Rats für Nachhaltige Entwicklung (RNE).

Zur Übersicht.

Auf dem Weg zum Nachhaltigkeits-Managementsystem – das sollten KMU jetzt tun

Auch wenn noch viele Punkte offen sind und es Vereinfachungsmöglichkeiten geben wird, sollten kleine Betriebe prüfen, was sie schon heute tun können, um künftige Anforderungen zu erfüllen. Denn die Umsetzung der per Gesetz beschlossenen Nachhaltigkeitsberichtserstattung wird Monate dauern.

Mittelfristig überwiegen aber die Vorteile

  • Zum einen durch positive Imagewirkungen.
  • Zum anderen werden die Geschäftsbeziehungen mit Partnern gefestigt und damit die Widerstandskraft gegen Krisen gestärkt.
  • Die Befassung mit Nachhaltigkeit führt auch dazu, dass sich ökonomische Verbesserungen ergeben, etwa weniger Energieverbrauch.

Die folgenden Maßnahmen sollten betroffene KMU zeitnah ergreifen:

Über Nachhaltigkeitsberichterstattung informieren

Für kleine Betriebe ist es wichtig, einfache und pragmatische Lösungen zu finden, und dennoch systematisch vorzugehen. Nicht zuletzt, weil die Befassung mit Nachhaltigkeit bzw. der Berichterstattung zur Nachhaltigkeit im Unternehmen keine einmalige Angelegenheit darstellt. Ganz im Gegenteil: Das Konzept muss regelmäßig überprüft und angepasst werden.

Weil viele Punkte nicht abschließend geklärt sind und es immer wieder zu Ergänzungen kommt, sollten Sie sich regelmäßig über den Stand und evtl. Neuerungen informieren. Das bedeutet, dass Sie Quellen identifizieren und auswerten, die sich kontinuierlich mit dem Thema befassen und Informationen bereitstellen.

Info

Informationsangebote für die Nachhaltigkeitsberichterstattung nutzen

Zum Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung verfügen zum einen viele Kammern über Angebote, etwa die Leitfäden Nachhaltigkeit im Unternehmen | IHK München (ihk-muenchen.de) oder In sieben Schritten zum CSR-Managementsystem (bayern.de). Zum anderen hält auch die EFRAG, die europäische Beratungsgruppe zur Rechnungslegung, ständig aktualisierte Informationen bereit (First Set of draft ESRS - EFRAG).

Prüfung von Notwendigkeit und Dringlichkeit

Um die Notwendigkeit und die Dringlichkeit der eigenen Aktivitäten besser abschätzen zu können, sollten Sie prüfen, ob und welche Geschäftspartner Ihrerseits von der neuen CSRD-Richtlinie betroffen sind und demnach kurz- oder mittelfristig auf Ihren eigenen Betrieb mit Anforderungen zukommen könnten. Dazu können Sie z.B. eine Übersicht wie die folgende nutzen:

Mit Partnern, die voraussichtlich kurzfristig auf den Betrieb zukommen können, sollten Sie daher zeitnah Gespräche über Anforderungen, Inhalte und gewünschte Termine führen. Aus den Gesprächen ergeben sich regelmäßig wichtige Hinweise und Input dazu, wie Sie das Thema auch bezüglich der Nachhaltigkeitsberichterstattung umsetzen können.

Info

Wer überprüft die Einhaltung der Nachhaltigkeitsbericherstattung?

In Deutschland überprüfen in der Regel Abschlussprüfer des Unternehmens oder andere Wirtschaftsprüfer (basieren auf ISAE 3000 Revised), die nichtfinanziellen Erklärungen und freiwillige erstellten Nachhaltigkeitsberichte.

Unternehmensziele formulieren

Auf Unternehmensebene sollte mindestens festgelegt werden, dass Nachhaltigkeit Bestandteil der Unternehmensziele wird. Außerdem sollten Sie erläutern, was CSR ist (Managementkonzept, das Verantwortung entlang der Nachhaltigkeitssäulen in das Kerngeschäft eines Unternehmens einbezieht).

Bestandsaufnahme durchführen

Oft gibt es im Betrieb bereits Aktivitäten, um nachhaltiger zu werden; nur stand das bisher unter anderen Überschriften. Beispielsweise gehört es zum betrieblichen Alltag, nach Kostensenkungsmöglichkeiten zu suchen oder Kundenbesuche so zu planen, dass möglichst wenige Kilometer anfallen. U.a. folgende Fragen können Ihnen bei der Ist-Erhebung helfen:

  • Welche Aktivitäten gibt es bereits, die zu Kosteneinsparungen und sinkenden Umweltbelastungen führen?
  • Werden Entscheidungen unter Nachhaltigkeitsaspekten getroffen, z.B. Energieverbrauch bei Investitionen?
  • Gibt es Kennzahlen, die für die Berichterstattung genutzt werden können (s. unten)?
  • Werden beim Einsatz von Gefahrstoffen Gefährdungsbeurteilungen vorgenommen?
  • Wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützt?
  • Welche Chancen ergeben sich langfristig für Ihr Geschäftsmodell?

Zeitrahmen für Umsetzung benennen

Zudem sollten Sie einen Umsetzungsplan ausarbeiten, der zentrale Meilensteine vom Start bis zur Konzepterstellung definiert, so z.B.:

Nachhaltigkeit definieren

Anschließend muss festgelegt werden, was Sie und Ihre Mitarbeitenden konkret unter Nachhaltigkeit verstehen. Aktuell hat sich das 3-Säulen-Konzept der Nachhaltigkeit durchgesetzt:

  • Ökologie: u.a. Naturerhalt, z.B. Verzicht auf Raubbau an der Umwelt, Reduzierung Ressourcenverbrauch, Verbesserung Energieeffizienz, Nutzung erneuerbarer Energien, Reduzierung Gefahrstoffeinsatze, Nutzung umweltfreundlicher Materialien, Abfallvermeidung, mehr Recycling
  • Ökonomie: u.a. Verzicht auf „bedingungslose“ Gewinnsteigerungen, Kostensenkung durch Nutzung erneuerbarer Energien oder Einsatz nachwachsender Rohstoffe
  • Soziales: u.a. Arbeitsplatzsicherung, Chancengleichheit durch Förderung von Weiterbildung, Entgeltgerechtigkeit (gleiche Entlohnung von Männern und Frauen), Nutzen für die Gesellschaft

Tipp

Praxis-Tipp: Beginnen Sie mit der Säule Ökologie

Oft kann die konkrete Umsetzung in der Säule Ökologie beginnen. Hier haben Unternehmer zum einen häufig Erfahrungen, z.B. wenn es darum geht, Kosten zu senken, etwa beim Materialverbrauch. Können Sie hier Erfolge erzielen, so hat das gleichzeitig positive, ökologische Folgen, etwa aufgrund eines geringeren Energieverbrauchs und weniger Emissionen.

Maßnahmenplan festlegen

Im nächsten Schritt sollten Sie operative Ziele festlegen, die einen Bezug zur Nachhaltigkeit haben, z.B.:

  • Kostensenkungen bis 20xx von X % bei Energie und Material umsetzen
  • Recyclingquote bis 20xx von X auf Y % steigern
  • Materialanteil nachwachsender Rohstoffe bis 20xx von X auf Y % erhöhen
  • bis 20xx mehr Frauen einstellen
  • Besetzung von Ausbildungsstellen mit Flüchtlingen
  • Weiterbildung in Nachhaltigkeit für alle Mitarbeiter planen

Kennzahlen und Informationsinhalte festlegen

Jede Maßnahme sollten Sie so wählen, dass sich Kennzahlen definieren lassen, mit denen Sie die Aktivitäten von Nachhaltigkeit messen und später ebenso für die Nachhaltigkeitsberichterstattung dokumentieren können. Zu beachten ist dabei, dass die Kennzahlen auf das jeweilige Geschäftsjahr bezogen und idealerweise jährlich aktualisiert werden. Einige Beispiele:

  • Ökonomisch
    • Umsatz Euro / Umsatzrendite
    • EBIT-/EBITDA Euro und Renditen in Prozent
    • Beschaffungsvolumen insgesamt
    • Beschaffungsvolumen bei als nachhaltig zertifizierten Anbietern
    • Beschaffungsvolumen bei lokalen / regionalen Anbietern  
    • Eigenkapitalanteil
    • Kundenzufriedenheit
  • Ökologisch
    • Produktions-, Abfall-, Recyclingmengen
    • Energieverbrauch (nach Arten)
    • Anteil nachwachsender Rohstoffe an Beschaffungsvolumen
    • Anteil regenerativer Energien am Gesamtverbrauch
    • CO₂-Emissionen Tonnen/Einsparung ggü. Vorjahren
    • Anteil Nachhaltigkeitsaudits mit / bei Lieferanten  
    • Anteil Produkte mit Ökobilanzen
  • Sozial
    • Frauenanteil in %
    • Fluktuationsrate in %
    • Durchschnittliche Zugehörigkeit in Jahren
    • Weiterbildung je Mitarbeiter in Stunden
    • Anteil Ausgaben für soziales Engagement / soziale Projekte
    • Anzahl Verbesserungsvorschläge zur Nachhaltigkeit *
    • Mitarbeiterzufriedenheit

Info

Praxis-Tipp: Bestehende Kennzahlen als Einstieg nutzen

Die Praxis zeigt, dass einige Kenngrößen existieren, mit denen Unternehmen schon länger arbeiten und die auch für CSRD genutzt werden können, etwa Renditen, Verbräuche oder Weiterbildung. Es empfiehlt sich, diese Kenngrößen zu nutzen, um Ihre Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. In anderen Fällen müssen erst die Möglichkeiten für eine Messung geschaffen werden, wenn es z.B. um Emissionen oder Nachhaltigkeitsaudits geht.

Konzept weiterentwickeln

Nachhaltigkeit, unternehmerische Nachhaltigkeit und die Nachhaltigkeitsberichterstattung verändern sich kontinuierlich, u.a. weil sich die Bedingungen in und um die Betriebe ändern,  gesetzliche Anpassungen durchgeführt werden und viele Methoden sowie Standards noch unvollständig sind. Daher sollten Sie jährlich prüfen, ob Ihr Konzept angepasst werden muss, um alle Kriterien zu erfüllen.