Handlungsvollmacht: Das sollten Sie für Ihr Unternehmen wissen

Der Erfolg eines Unternehmens ist von vielen Faktoren abhängig. Dazu gehört auch, dass es im täglichen Geschäft reibungslos läuft und jeder weiß, was zu tun ist. Eine Handlungsvollmacht erleichtert das Ganze. Geschäftsleitung und Führungskräfte verlassen sich auf ihre Mitarbeiter und geben ihnen Befugnisse über ausgewählte Geschäftsaktivitäten. Wie steht es rechtlich um die Handlungsvollmacht? Was umfasst sie und wo sind ihre Grenzen? All das und noch mehr Wissenswertes zur Handlungsvollmacht erfahren Sie in diesem Beitrag.

Zuletzt aktualisiert am 26.03.2025
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Was ist eine Handlungsvollmacht?

Die Handlungsvollmacht beschreibt die Möglichkeit im Namen des Kaufmanns bestimmte Geschäfts- und Rechtshandlungen vorzunehmen. Die Voraussetzung ist, dass in der Branche diese Handlungen typisch sind. Die Rechtsgrundlage der Handlungsvollmacht ist § 54  HGB (Handelsgesetzbuch). Als Kaufmann werden Personen mit einem Handelsgewerbe bezeichnet. Demnach können sie ihrem Personal eine begrenzte Vertretungsmacht erteilen, die keine Prokura ist.

Die Handlungsvollmacht gilt - mit wenigen Ausnahmen - für alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des konkreten Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. Damit stellen Unternehmen einen nahtlosen Geschäftsalltag sicher und entlasten ihre Führungskräfte. Mitarbeiter müssen nicht für jedes Rechtsgeschäft die Erlaubnis ihrer Geschäftsführer oder Vorgesetzten einholen.

<b>Beispiele für reguläre Handlungsvollmachten</b>
Beispiele für reguläre HandlungsvollmachtenBeispiele für nicht-reguläre Handlungsvollmachten
Einkäufer ordern Waren Kauf und Verkauf von Grundstücken
Personaler stellen Mitarbeiter ein Begründung von Wechselverbindlichkeiten

Welche Arten der Handlungsvollmacht gibt es?

Es gibt drei Arten der Handlungsvollmacht:

1. Generalhandlungsvollmacht:

Die Generalhandlungsvollmacht wird auch allgemeine Handlungsvollmacht genannt. Sie ist die bedeutendste. Mit ihr erhalten die bevollmächtigten Mitarbeiter die Befugnis, alle für den Betrieb typischen Rechtsgeschäfte auszuführen. Davon ausgeschlossen sind Entscheidungen über den Bestand des Unternehmens, die Kreditaufnahme, die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken  sowie die Führung von Gerichtsprozessen. Angesichts der wenigen Beschränkungen geht selbst bei Abwesenheit der Geschäftsleitung das Tagesgeschäft nahtlos weiter.

Die Generalhandlungsvollmacht erlischt in folgenden Szenarien: Die Vollmachtgeber entziehen die Vertretungsmacht oder nehmen die Urkunde zurück, der Mitarbeiter verlässt das Unternehmen oder es kommt zur Insolvenz.

Beispiel für die Generalhandlungsvollmacht:

 

Ein Kfz-Mechaniker mit einer Generalvollmacht darf Ware für die Autowerkstatt bestellen und neue Kunden aufnehmen.

2. Arthandlungsvollmacht:

Bei einer Artvollmacht bzw. Arthandlungsvollmacht erhalten die Mitarbeiter eine Vollmacht in ihrem konkreten Geschäftsbereich. Diese kann wiederum je nach Betrieb im Umfang und in der Gestaltung variieren. In der Regel präzisiert der Vollmachtgeber im Vorfeld, wie breit der Handlungsbereich ist. Die Arthandlungsvollmacht erlischt auf gleiche Weise wie die Generalhandlungsvollmacht.

Vorsicht: Wenn gegenüber einem Geschäftspartner der Rechtsschein einer unbegrenzten Generalhandlungsvollmacht entsteht, kann die Gutgläubigkeit des Geschäftspartners in die Vertretungsberechtigung der handelnden Person zu verbindlichen Rechtsgeschäften für das Unternehmen führen, auch wenn der Bevollmächtigte zum Abschluss dieses speziellen Geschäfts im Innenverhältnis nicht vertretungsberechtigt war. Deshalb ist es immer sinnvoll, die Begrenztheit einer Vollmacht gegenüber Geschäftspartnern offen zu kommunizieren.

Beispiel für die Arthandlungsvollmacht:

 

Ein Personalleiter besitzt eine Handlungsvollmacht, um einen qualifizierten Mitarbeiter im Marketing einzustellen. Bei der Gehaltsverhandlung hat er beim Jahresbruttogehalt einen Spielraum von 15.000 Euro.

3. Spezialhandlungsvollmacht:
Mithilfe dieser Handlungsbevollmächtigung können Unternehmen einer Person die Durchführung eines einmaligen Geschäfts gestatten. Die Spezialhandlungsvollmacht definiert genau, um welches Geschäft es sich handelt. Da diese Vollmacht zeitlich und inhaltlich begrenzt ist, erlischt sie nach Geschäftsabwicklung. Auch hier ist der Geschäftspartner zur Vermeidung eines falschen Rechtsscheins zu informieren.

Beispiel für die Spezialhandlungsvollmacht:

 

Für die Herbstkollektion beauftragt der Geschäftsführer einen Einkäufer mit der Auswahl der Farben und Stoffe sowie der Warenbestellung. Da der Einkäufer noch in der Probezeit ist, entscheidet sich das Unternehmen für eine einmalige, befristete Spezialhandlungsvollmacht.

Info

Was ist eine Untervollmacht?

Die Untervollmacht ist eine spezielle Form der Handlungsvollmacht. Sie kommt zum Tragen, wenn eine Person ihre Vollmacht auf einen Dritten überträgt. Der eigentliche Vollmachtgeber muss damit aber einverstanden sein. Eine Untervollmacht kommt u.a. in privaten Angelegenheiten, z.B. bei familiären Gesundheitsfragen oder unter Anwälten bei der Übernahme von Rechtsfällen zum Einsatz.

Die Erteilung der Handlungsvollmacht

Zur Erteilung einer Handlungsvollmacht berechtigt sind beispielsweise Geschäftsinhaber, Geschäftsführer, Prokuristen und weitere bevollmächtigte Personen. Der Handlungsbevollmächtigte selbst ist nicht zur Erteilung der Handlungsvollmacht an eine weitere Person berechtigt, es sei denn der Vollmachtgeber stimmt ausdrücklich zu. Eine Handlungsvollmacht muss nicht ins Handelsregister eingetragen werden. Allerdings sollte der Bevollmächtigte die Handlungsvollmacht mit einem Zusatz zu seiner Unterschrift offenlegen. In der Regel unterschreiben Mitarbeiter mit Handlungsvollmacht daher mit dem Zusatz „in Vollmacht“ (i. V.) oder „im Auftrag“ (i. A.)

Die Vollmachtgeber können die Vertretungsmacht ausdrücklich oder konkludent erteilen. Wichtig ist, dass der bevollmächtigten Person die Art und der Umfang der Handlungsvollmacht bewusst sind. Weder das Handelsgesetzbuch noch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schreiben hier etwas vor. Für eine bessere Absicherung ist es ratsam, die Erteilung der Vollmacht zu verschriftlichen. Dadurch wissen auch Geschäftspartner Bescheid, mit wem sie Geschäfte abschließen dürfen.

  • Arbeitsvertrag: Hier definieren Sie ohnehin die Aufgaben- und Verantwortungsbereiche des jeweiligen Mitarbeiters. Daher ist es praktisch, an dieser Stelle die Handlungsvollmacht zu integrieren und den Umfang möglichst exakt zu definieren.
  • Urkunde: Alternativ können Sie eine Urkunde anfertigen. Darin bestimmen Sie die Art der Vollmacht und den genauen Umfang.

Tipp

Nutzen Sie unsere Handlungsvollmacht-Muster!

Benötigen Sie ein Muster für eine Arthandlungsvollmacht, Spezialhandlungsvollmacht oder Generalhandlungsvollmacht? Dann nutzen Sie gerne unsere Muster und passen Sie die Vorlage individuell an Ihr Unternehmen an.

Was ist der Unterschied zwischen Handlungsvollmacht und Prokura?

Auf den ersten Blick ähneln sich die Handlungsvollmacht und die Prokura. Allerdings unterscheiden sie sich in einigen wesentlichen Punkten:

HandlungsvollmachtProkura
Umfang Gibt dem Kaufmann die Freiheit, den genauen Umfang und die Handlungsbereiche individuell festzulegen.Umfang und Handlungsbereiche sind gesetzlich festgelegt und können im Außenverhältnis nicht wirksam beschränkt werden. Ausgenommen sind lediglich die Veräußerung und Belastung von Grundstücken sowie Änderungen der Unternehmensgrundlagen, z.B. des Geschäftszwecks.
Handlungsspielraum des Bevollmächtigten Selbst eine Generalhandlungsvollmacht ist begrenzt auf die typischen Geschäfte des jeweiligen Betriebs. Befähigt zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen. Diese werden nicht von der Art des Betriebs definiert, sondern beziehen sich auf das gesamte Handelsgewerbe.
Erteilung Kann mündlich oder konkludent erteilt werden. Es ist eine ausdrückliche Erklärung notwendig. Außerdem wird die Prokura ins Handelsregister eingetragen.
Übertragbarkeit Nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Vollmachtgebers. Ist gesetzlich bei der Prokura verboten.

Info

Wer haftet bei einer Handlungsvollmacht?

Grundsätzlich haftet der Vollmachtgeber für alle Geschäfte in seinem Unternehmen. Wenn der Handlungsbevollmächtigte die Grenzen seiner Vollmacht überschreitet, haftet der Vollmachtgeber immer dann, wenn dies für den Vertragspartner nicht erkennbar war. Im Innenverhältnis gegenüber dem Vollmachtgeber haftet bei Kompetenzüberschreitung der Handlungsbevollmächtigte.

Erlöschen der Handlungsvollmacht

Die Gültigkeit einer Handlungsvollmacht hängt von ihrem Typ ab. Eine Spezialvollmacht endet, sobald das damit verknüpfte Geschäft abgewickelt wurde. General- oder Arthandlungsvollmachten können auf verschiedene Weise enden: durch Widerruf der Handlungsvollmacht (muss zur Vermeidung eines falschen Rechtsscheins gegenüber Geschäftspartnern kenntlich gemacht werden), durch Rückgabe der Urkunde oder durch das Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen. Außerdem enden alle Vollmachten bei einer Insolvenz des Unternehmens.

Häufige Fragen zur Handlungsvollmacht

Was darf man alles mit einer Handlungsvollmacht?

Welche Befugnisse man erhält, hängt von der Art der Handlungsvollmacht ab. Generell dürfen Handlungsbevollmächtigte laut HGB Geschäfte abwickeln, wie beispielsweise Bestellungen im Einkauf.

Warum benötigt man eine Handlungsvollmacht?

Eine Handlungsvollmacht stellt in erster Linie eine Erleichterung für das Unternehmen dar. Bevollmächtigte dürfen eigenverantwortlich Entscheidungen treffen und Geschäfte abwickeln. Das kann etwa Rechtsgeschäfte sowie die Finanz- und Personalpolitik betreffen.

Kann ein Prokurist eine Handlungsvollmacht erteilen?

Ja, ein Prokurist kann eine Handlungsvollmacht erteilen.

Darf ein Handlungsbevollmächtigter Mitarbeiter einstellen?

Ein Handlungsbevollmächtigter darf Mitarbeiter einstellen, wenn dies im Rahmen seiner Handlungsvollmacht liegt.