Zusammenfassung
Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)
Wichtige Änderungen durch das BilMoG für Unternehmen:
- Reform des Bilanzrechts 2009
- Vereinfachung der Buchführung für kleine und mittlere Unternehmen
- Deregulierung von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten
- Modernisierung veralteter Regelungen
- Anpassung an internationale Rechnungslegungsstandards
Definition
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)
Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wurde im Mai 2009 eingeführt, um die Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften in Deutschland zu vereinfachen. Es soll als nationale Alternative zu internationalen Rechnungslegungsstandards dienen und richtet sich vor allem an kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Mit dem BilMoG wurden veraltete Vorschriften modernisiert, Deregulierungen eingeführt und das Bilanzrecht an neue wirtschaftliche Anforderungen angepasst.
Wichtige Neuerungen im BilMoG
Das BilMoG brachte verschiedene Neuerungen mit sich, die insbesondere auf die Bedürfnisse kleinerer Unternehmen abzielen. Diese Reformen vereinfachen Buchführungsprozesse und senken die Kosten.
Abschaffung der umgekehrten Maßgeblichkeit
Vor der Reform gab es die sogenannte umgekehrte Maßgeblichkeit, bei der die handelsrechtlichen Vorschriften auch auf die Steuerbilanz angewendet wurden. Dies führte zu Verzerrungen in der Bilanz, da teilweise Werte in der Handelsbilanz ausgewiesen wurden, die weit unter den tatsächlichen Werten lagen. Mit dem BilMoG wurde diese umgekehrte Maßgeblichkeit aufgehoben, was die Bilanzierung weniger komplex macht.
Verpflichtender Ansatz passiver latenter Steuern
Latente Steuern entstehen, wenn der Steueraufwand in der Handelsbilanz höher ist als in der Steuerbilanz. Durch das BilMoG wurde eine Ansatzpflicht für passive latente Steuern in der Handelsbilanz eingeführt. Kleine Kapitalgesellschaften sind jedoch von dieser Pflicht ausgenommen, wenn sie bestimmte Schwellenwerte (Bilanzsumme unter 6 Millionen Euro, Umsatz unter 12 Millionen Euro, weniger als 50 Mitarbeiter) nicht überschreiten.
Abschreibung des Geschäftswerts nach Nutzungsdauer
Firmenwerte gelten nach dem Handelsgesetzbuch als abnutzbare Vermögenswerte. Diese müssen gemäß BilMoG über die voraussichtliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Falls diese Nutzungsdauer nicht zuverlässig bestimmt werden kann, erfolgt eine planmäßige Abschreibung über 10 Jahre. Das Handelsgesetzbuch schreibt keine bestimmte Abschreibungsmethode vor, aber die Deutschen Rechnungslegungsstandards (DRS) empfehlen eine lineare Abschreibung.
Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögenswerte
Selbst geschaffene immaterielle Vermögenswerte dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen aktiviert werden. Das BilMoG schreibt vor, dass selbst erschaffene Marken, Verlagsrechte oder Kundenlisten nicht aktiviert werden dürfen. Aktivierbar sind nur Vermögenswerte des Anlagevermögens, die einzeln verwertbar sind.
Deregulierungsmaßnahmen im BilMoG
Das BilMoG führt mehrere Deregulierungsmaßnahmen ein, die vor allem Einzelkaufleuten und kleinen Unternehmen zugutekommen.
Befreiung von der Buchführungs- und Bilanzierungspflicht
Vor der Reform mussten Einzelkaufleute unabhängig von der Größe ihres Unternehmens Buch führen und einen Jahresabschluss erstellen. Das BilMoG hat diese Pflicht für Einzelkaufleute abgeschafft, deren Umsatzerlöse in zwei aufeinanderfolgenden Jahren unter 600.000 Euro und deren Jahresüberschuss unter 60.000 Euro liegt. Auch die Inventurpflicht entfällt für diese Unternehmen, solange sie die genannten Voraussetzungen erfüllen.
Anhebung der Schwellenwerte
Mit dem BilMoG wurden die Schwellenwerte für kleine Kapitalgesellschaften um 20 Prozent erhöht. Das bedeutet, dass Unternehmen in dieser Größenklasse von bestimmten Pflichten befreit sind. So entfällt beispielsweise die Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses durch einen Abschlussprüfer und zur Offenlegung derGewinn- und Verlustrechnung. Nur die Bilanz selbst muss veröffentlicht werden.
Allgemeine Bilanzierungsgrundsätze und Änderungen durch das BilMoG
Die Bilanzierungsgrundsätze im Handelsgesetzbuch wurden durch das BilMoG angepasst. Die Änderungen betreffen unter anderem die wirtschaftliche Zurechnung von Vermögenswerten und die Verrechnung von Schulden.
Wirtschaftliche Zurechnung von Vermögenswerten
Das Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung bestimmt, wer wirtschaftlich über einen Vermögensgegenstand verfügt, auch wenn das rechtliche Eigentum möglicherweise bei einer anderen Partei liegt. Das BilMoG hat dieses Prinzip weiter konkretisiert und vereinfacht.
Der entgeltlich erworbene Firmenwert
Beim Kauf eines Unternehmens zahlt der Käufer häufig mehr, als der materielle Wert des Unternehmens ausmacht. Dieser Mehrwert wird als Firmenwert oder Geschäftswert bezeichnet und zählt zu den immateriellen Vermögensgegenständen. Nach dem BilMoG muss dieser Firmenwert aktiviert werden, sobald der Kauf erfolgt. Die Bilanzierung des Firmenwerts unterliegt einem Wertaufholungsverbot, das eine Wiederholung von Abschreibungen verhindert.
Verrechnung von Vermögenswerten und Schulden
Das BilMoG schreibt vor, dass bestimmte Vermögensgegenstände mit Schulden verrechnet werden müssen. Dies betrifft vor allem Verbindlichkeiten, die aus langfristigen Verpflichtungen wie der betrieblichen Altersvorsorge entstehen. Voraussetzung ist, dass keine Gläubiger Zugriff auf die betroffenen Vermögensgegenstände haben.
Info
Wichtige Schwellenwerte nach dem BilMoG
- Umsatzerlösgrenze für Einzelkaufleute: 600.000 Euro
- Jahresüberschussgrenze: 60.000 Euro
- Bilanzsumme für kleine Kapitalgesellschaften: 6 Millionen Euro
- Umsatzerlös für kleine Kapitalgesellschaften: 12 Millionen Euro
Aktivierung von selbstgeschaffenem Vermögenswert
Seit Einführung des BilMoG dürfen selbstgeschaffene immaterielle Vermögenswerte aus dem Anlagevermögen in der Bilanz aktiviert werden. Davon ausgeschlossen sind allerdings Vermögenswerte wie Marken, Druckmittel oder Verlagsrechte, für die weiterhin ein Aktivierungsverbot gilt.
Abschaffung des Maßgeblichkeitsprinzips
Das BilMoG führte zur Aufhebung des umgekehrten Maßgeblichkeitsprinzips. Durch diese Abschaffung dürfen keine Sonderposten mehr passiviert werden, die einen Anteil an Rücklagen enthalten. Zudem sind steuerbedingte Abschreibungen, die den handelsrechtlichen Vorschriften widersprechen, nicht mehr zulässig.
Aufhebung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten
Das BilMoG hob einige Ansatz- und Bewertungswahlrechte auf und führte damit zu Änderungen in verschiedenen Bereichen:
- Für Aufwandsrückstellungen, die für Instandhaltungsmaßnahmen innerhalb eines Geschäftsjahres gebildet werden, besteht kein Wahlrecht mehr.
- Unternehmen dürfen keine Wahlrechte mehr bei Rückstellungen für sonstige Aufwendungen anwenden.
- Das Wahlrecht zur Abgrenzung von Verbrauchssteuern und Zöllen entfällt, wenn diese am Abschlussstichtag als Vorratsvermögen ausgewiesen werden.
- Auch Vorauszahlungen und auszuweisende Anzahlungen, die mit der Umsatzsteuer zusammenhängen, sind von dieser Regelung betroffen.
- Abschreibungen aufgrund erwarteter zukünftiger Wertschwankungen sind seit dem BilMoG nicht mehr zulässig.
- Die Hifo- und Lofo-Verfahren wurden abgeschafft. Stattdessen sind nur noch die Verfahren Fifo (first in – first out) und Lifo (last in – first out) zugelassen, die die Bewertungsvereinfachung für Vorräte regeln.
Vor dem BilMoG war das sogenannte Timing-Konzept für latente Steuern üblich, welches sich an der Gewinn- und Verlustrechnung orientierte. Dies wurde durch das international verbreitete Temporary-Konzept ersetzt, das die Steuerabgrenzung anhand von unterschiedlichen Wertansätzen zwischen Steuer- und Handelsbilanz vornimmt.
Änderungen bei der Bewertung durch das BilMoG
Das BilMoG brachte auch Neuerungen und Anpassungen bei der Bewertung von Vermögensgegenständen und finanziellen Mitteln mit sich.
Bewertung von Finanzinstrumenten nach Marktwert
Durch die Finanzkrise Anfang der 2000er wurde die Bewertung von Finanzinstrumenten wie Aktien, Fonds oder Schuldverschreibungen auf Basis ihres Marktwerts (Fair Value) zum Stichtag verpflichtend. Diese Regelung gilt vor allem für Banken und Kreditinstitute.
Bewertung von Rückstellungen
Rückstellungen müssen seit dem BilMoG mit dem notwendigen Erfüllungsbetrag angesetzt werden. Dabei sind mögliche Preissteigerungen und Kostenveränderungen zu berücksichtigen. Zusätzlich müssen Rückstellungen abgezinst werden.
Währungsumrechnung
Das BilMoG bestätigte das bereits gängige Verfahren der Währungsumrechnung und verankerte es im deutschen Recht. Die Umrechnung erfolgt nach dem Devisenkassamittelkurs, der für Vermögenswerte und Verbindlichkeiten in Fremdwährungen anzuwenden ist.
Änderungen bei der Gliederung der Bilanz durch das BilMoG
Das BilMoG führte auch strukturelle Änderungen bei der Aufstellung der Bilanz ein. Diese betreffen sowohl die Aktiv- als auch die Passivseite.
Änderungen auf der aktiven Seite der Bilanz
Die Aktivseite der Bilanz erfuhr durch das BilMoG Änderungen, insbesondere bei der Erfassung von immateriellen Vermögensgegenständen. Selbstgeschaffene Rechte und Werte müssen nun unter der Position A.I.1. „Selbstgeschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte“ ausgewiesen werden.
Änderungen auf der passiven Seite der Bilanz
Auf der Passivseite der Bilanz wurde das gezeichnete Kapital angepasst. Falls das Unternehmen eigene Anteile erworben hat, muss der Nennbetrag dieser Anteile vom gezeichneten Kapital abgezogen werden. Die Differenz zwischen Nennbetrag und Anschaffungskosten wird mit den freien Rücklagen verrechnet. Diese Regelung zur Erfassung eigener Anteile in der Handelsbilanz wurde durch das BilMoG eingeführt.
Vorteile des BilMoG
Das BilMoG brachte erhebliche Vorteile, vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. Die wesentlichen Vorteile umfassen:
- Erhöhte Transparenz bei der Erstellung von Jahresabschlüssen
- Bessere Vergleichbarkeit von Abschlüssen
- Klarere Regelungen bei Wahlrechten und Ermessensspielräumen
- Abkehr vom Vorsichtsprinzip
- Verbesserung der Wettbewerbsposition von Unternehmen
- Höheres Rating bei Banken und Kreditinstituten
- Harmonisierung von internem und externem Controlling
- Vermeidung der Einheitsbilanz
- Annäherung an die International Financial Reporting Standards (IFRS)
Das BilMoG hat darüber hinaus langfristig weitere positive Effekte, die sich so gut etabliert haben, dass sie mittlerweile als Standard wahrgenommen werden.
Unterschiede zu den International Financial Reporting Standards (IFRS)
Die International Financial Reporting Standards (IFRS) sind weltweit anerkannte Rechnungslegungsstandards. Das BilMoG verfolgte das Ziel, das HGB teilweise an diese Standards anzupassen, dabei aber den Fokus auf eine einfachere und kostengünstigere Anwendung zu legen. Die IFRS gelten als relativ komplex, während das BilMoG die deutsche Rechnungslegung vereinfachen wollte.
Durch die Reform wurden bestimmte Wahlrechte abgeschafft und das HGB näher an die IFRS herangeführt, ohne jedoch die Deregulierung aufzugeben. Der Übergang zu den IFRS wurde durch das BilMoG erleichtert, bleibt jedoch freiwillig. Unternehmen haben die Möglichkeit, ihre Buchführung und Abschlüsse auf Basis der IFRS zu erstellen, sollten sie dies wünschen.
In Zukunft könnte eine weitere Annäherung an die IFRS erfolgen, aber die aktuellen Regelungen des HGB bieten bereits eine solide Grundlage für deutsche Unternehmen.