Imparitätsprinzip im Überblick

Im Rechnungswesen gilt, dass sich Kaufleute nicht reicher rechnen dürfen, als sie sind. Das ist ein fundamentales Prinzip, um den aktuellen Stand der Unternehmenslage nicht zu verfälschen. Damit sollen die Gläubiger von Unternehmen und Selbstständigen geschützt werden. Genau das greift das Imparitätsprinzip auf. Wir erklären Ihnen, was das Imparitätsprinzip besagt und in welchem Zusammenhang es mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchhaltung (GoB) steht.

Zuletzt aktualisiert am 20.02.2025

Zusammenfassung

Imparitätsprinzip im Überblick

  • Das Imparitätsprinzip ist für die Buchhaltung von Unternehmen und Selbstständigen von großer Relevanz. Es ist eines der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung (GoB) und der doppelten Buchführung.
  • Das Vorsichtsprinzip ist dem Imparitätsprinzip übergeordnet. Es besagt, dass Kaufleute ihre Geschäftsvorfälle vorsichtig bewerten sollen.
  • Gemäß dem Imparitätsprinzip werden Verluste schon bei der bloßen Vermutung in die Bilanz übertragen.
  • Im Gegensatz dazu besagt das Realisationsprinzip, dass Gewinne dort erst auftauchen dürfen, sobald sie realisiert wurden.
  • Das Imparitätsprinzip dient dem Gläubigerschutz und der finanziellen Sicherheit von Unternehmen und Selbstständigen. Dadurch gelingt die frühzeitige Vorbereitung auf mögliche Risiken.
  • Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung sind ein Regelwerk aus kodifizierten und nicht-kodifizierten Regelungen. Sie zielen auf eine korrekte und rechtssichere Buchführung ab.
  • Die Grundsätze unterteilen sich in die Rahmengrundsätze, ergänzenden Grundsätze sowie die Grundsätze der Abgrenzung. Sie sind für Unternehmen, Selbstständige und Kann-Kaufleute mit Handelsregistereintrag verpflichtend.
  • Das Imparitätsprinzip kommt zudem im Niederstwertprinzip, Höchstwertprinzip, in der Passivierungspflicht und im Anschaffungskostenprinzip vor. 

Definition

Was ist das Imparitätsprinzip?

Imparität bedeutet „Ungleichheit“. Laut dem Imparitätsprinzip müssen Sie Gewinne und Verluste ungleich behandeln. Die Definition von Imparitätsprinzip beschreibt einen der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung(GoB) sowie der doppelten Buchführung. Das Imparitätsprinzip ist im Rechnungswesen tief verankert. Kaufleute sind dazu angehalten, ihre Geschäftsvorfälle vorsichtig zu bewerten. Gefolgt wird das übergeordnete Vorsichtsprinzip vom Imparitätsprinzip und Realisationsprinzip, die beide den Sachverhalt konkretisieren. Die rechtliche Basis des Imparitätsprinzips ist im HGB zu finden, genauer gesagt in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB.

Das Imparitätsprinzip im HGB

Im Handelsgesetzbuch (HGB) folgt das Imparitätsprinzip dem Vorsichtsprinzip und stellt eines der vier Bewertungsprinzipien innerhalb des Vorsichtsprinzips dar.

Wo lässt sich das Imparitätsprinzip in der Bilanz erkennen?

Das Imparitätsprinzip zeigt sich auf der Passivseite der Bilanz besonders bei den Rückstellungen. Rückstellungen sind Rücklagen für ungewisse Verbindlichkeiten. Auf der Aktivseite wird das Prinzip bei der Bewertung von Vermögensgegenständen wie Maschinen oder Waren sichtbar. Hier werden mögliche Verluste berücksichtigt, um sicherzustellen, dass die Bilanz die finanzielle Lage des Unternehmens realistisch darstellt.

So gilt das Vorsichtsprinzip

Das Vorsichtsprinzip dient der Kapitalerhaltung und dem Gläubigerschutz. Es wird angewendet, wenn unvollständige Informationen oder die Unsicherheit zukünftiger Ereignisse einen gewissen Beurteilungsspielraum erfordern. Dadurch können Sie Verluste oder Risiken frühzeitig erkennen und Rückstellungen bilden, um die Verluste schon im Vorfeld zu berücksichtigen. Für Gläubiger ist das wichtig, um ein Bild der Finanzlage zu erhalten und darauf basierend Entscheidungen zu treffen.

Zusammenfassung des Vorsichtsprinzips

Das Vorsichtsprinzip ist ein übergeordneter Grundsatz, aus dem sich vier Bewertungsprinzipien ableiten lassen. Diese Bewertungsprinzipien verhindern, dass sich Unternehmen „reich rechnen“ können. Es handelt sich dabei um:

  • das Realisationsprinzip
  • das Niederstwertprinzip
  • das Höchstwertprinzip
  • das Imparitätsprinzip 

Was ist das Realisationsprinzip?

Das Realisationsprinzip bezieht sich auf Gewinne, die Sie erst dann bilanzieren, wenn sie tatsächlich eingetreten sind. Das Niederstwertprinzip besagt, dass Sie Ihre Vermögenswerte (auf der Aktivseite der Bilanz) mit dem niedrigstmöglichen Wert ansetzen müssen. Nach dem Höchstwertprinzip bewerten Sie Ihre Verbindlichkeiten (auf der Passivseite) mit dem höchstmöglichen Wert. Das Imparitätsprinzip sieht vor, dass Verluste bereits dann verbucht werden, wenn sie erwartet werden. Nicht erst dann, wenn sie bereits eingetreten sind.
Allgemein lässt sich sagen, dass diese Vorsichtsprinzipien dem Gläubigerschutz dienen.

<b>Rahmengrundsätze</b>
RahmengrundsätzeErgänzende GrundsätzeAbgrenzungsgrundsätze
-Richtigkeit und Willkürfreiheit -Kontinuität -Imparitätsprinzip
-Vollständigkeit -Vorsicht -Realisationsprinzip
-Übersichtlichkeit und Klarheit -Bilanzierung zum Stichtag -sachliche Abgrenzung
-Einzelbewertung -Identität -zeitliche Abgrenzung
-Wertaufhellung -Fortführung der Unternehmenstätigkeit
-periodengerechte Verbuchung

Info

Wer muss die GoB einhalten?

Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) gelten für alle Unternehmen und Selbstständigen, die im Handelsregister eingetragen sind. Dazu zählen auch sogenannte Kann-Kaufleute, also Kleingewerbetreibende mit Handelsregistereintrag sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Freiberufler und Selbstständige, die die Kleinunternehmerregelung nutzen, sind nicht verpflichtet, die GoB anzuwenden, können dies jedoch freiwillig tun.

Das strenge Niederstwertprinzip

Das strenge Niederstwertprinzip gilt für die Bewertung des Umlaufvermögens, also jener Vermögensgegenstände, die nicht langfristig im Unternehmen verbleiben. Diese Vermögenswerte müssen immer mit dem niedrigsten Wert angesetzt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass das Umlaufvermögen nicht überbewertet wird.

Das gemilderte Niederstwertprinzip

Das gemilderte Niederstwertprinzip bezieht sich auf das Anlagevermögen. Bei einer dauerhaften Wertminderung muss der Vermögenswert mit dem niedrigsten Wert angesetzt werden. Ist die Wertminderung nicht dauerhaft, also kurzfristig, darf keine Abschreibung vorgenommen werden. Bei Finanzanlagen besteht zudem ein Wahlrecht, ob Sie Wertminderungen berücksichtigen möchten oder nicht.

Das Höchstwertprinzip

Das Höchstwertprinzip ist das Gegenstück zum Niederstwertprinzip und bezieht sich auf die Passivseite der Bilanz. Verluste und Schulden müssen immer mit dem höchsten Wert bilanziert werden. Das kann zum Beispiel bei einem langfristigen Fremdwährungsdarlehen eintreten, wenn der Wert der Währung steigt.

Das Realisationsprinzip als Gegenteil des Imparitätsprinzips

Das Realisationsprinzip besagt, dass Sie Gewinne erst dann bilanzieren dürfen, wenn sie tatsächlich realisiert wurden.

Info

Weitere Prinzipien

Passivierungspflicht für Rückstellungen (§ 249 HGB): 
Unternehmen sind verpflichtet, Rückstellungen für bestimmte Verpflichtungen wie unterlassene Instandhaltungen, Pensionen oder ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Auch im Steuerrecht wird das Imparitätsprinzip durch die Verpflichtung zur Bildung von Steuerrückstellungen umgesetzt.

Anschaffungskostenprinzip (§ 253 Abs. 1 HGB): 
Vermögensgegenstände dürfen höchstens mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden. Zudem ist zum Bilanzstichtag eine jährliche Abschreibung zulässig. 

Das bringt das Imparitätsprinzip

Das Imparitätsprinzip stellt also sicher, dass Sie durch die frühzeitige Berücksichtigung von möglichen Verlusten eine zu hohe Gewinnausschüttung verhindern. So können Sie im Falle eines finanziellen Engpasses immer noch die Verbindlichkeiten an Ihre Gläubiger zahlen.

Der Sinn hinter dem Imparitätsprinzip

Das Imparitätsprinzip vermittelt ein realistisches Bild über die finanzielle Lage Ihres Unternehmens unter schlechtesten Bedingungen – selbst, wenn diese gar nicht eintreten. Dadurch wirken sich die Bilanzkennzahlen in zwei Formen auf die Gesamtbewertung aus:

  1. Der Wert des Unternehmens sinkt, weil die Summe auf der Aktivseite der Bilanz sinkt.
  2. Der Gradmesser für das Unternehmenspotenzial wird beeinflusst. Abschreibungen und Rückstellungen für Risiken wirken sich gewinnmindernd aus. Dadurch sinkt die Rendite.

Wie alle anderen drei Folgeprinzipien des Vorsichtsprinzips dient das Imparitätsprinzip dem Gläubigerschutz. Es betrifft also jedes Unternehmen mit möglichen Gläubigern, unabhängig davon, ob Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden. 

Imparitätsprinzip Beispiele

Damit Sie besser verstehen, wie das Imparitätsprinzip in der Praxis angewendet wird, folgen zwei Beispiele, die die Anwendung veranschaulichen.

Das Imparitätsprinzip anhand von Produkten

Sie bestellen für Ihr Unternehmen im November Waren im Wert von 3.000 Euro. Die Waren werden aber erst nach Abschluss des Geschäftsjahres im Januar geliefert. Den möglichen Gewinn, den Sie mit den Waren erwirtschaften, dürfen Sie nicht in der Bilanz ausweisen. Denn hier gilt das Realisationsprinzip und der Gewinn wurde noch nicht realisiert. Wenn der Wert der Ware zwischenzeitlich auf 2.500€ sinkt, zum Beispiel wegen Wertminderung, müssen Sie diesen potenziellen Verlust bereits in der Bilanz berücksichtigen.  Denn hier gilt das Imparitätsprinzip, nach dem Sie Verluste immer sofort bilanzieren müssen, wenn sie absehbar sind.

Im Grunde können Sie sich als Regel merken, dass jeder Euro, den Sie zwischen einer Bestellung und Ihrer Lieferung verlieren, direkt in die Bilanz aufgenommen werden muss. Jeder Euro, den Sie hingegen nach gleichen Prinzipien hinzugewinnen, dürfen Sie erst in die Bilanz aufnehmen, sobald der Verkauf realisiert und abgeschlossen wurde. 

Das Imparitätsprinzip anhand von Aktien

Ihr Unternehmen kauft 500 Aktien im Wert von jeweils 50 Euro. Sie rechnen also mit 25.000 Euro. Am Bilanzstichtag fällt der Kurs der Aktie allerdings auf 40 Euro. Der Wert der Aktien beträgt also nicht mehr 25.000 Euro, sondern 20.000 Euro.

Das Niederstwertprinzip verpflichtet Sie dazu, die 5.000 Euro Verlust direkt in die Bilanz aufzunehmen. Obwohl die Aktien noch nicht von Ihnen verkauft wurden, müssen Sie den Verlust also in Ihrer Bilanz angeben.

Steigt der Wert der Aktien hingegen auf 60 Euro und Sie gewinnen 5.000 Euro, dürfen Sie diese laut dem Realisationsprinzip erst dann in die Bilanz aufnehmen, wenn Sie die Aktien verkauft und den Gewinn somit realisiert haben.

Fazit: So funktioniert das Imparitätsprinzip

Das Imparitätsprinzip dient nicht ausschließlich dem Gläubiger:innenschutz. Es sorgt auch für die finanzielle Sicherheit Ihres Unternehmens. Durch das Vermeiden von zu hohen Gewinnausschüttungen stellt das Imparitätsprinzip sicher, dass Ihr Unternehmen immer genügend finanzielle Mittel zur Verfügung hat, um Verluste aufzufangen.