Zusammenfassung
Lean Production im Überblick
- Der Begriff Lean Production steht für schlanke Produktion und besteht im Kern daraus, Verschwendung zu vermeiden.
- Die Prozessoptimierung ist der wichtigste Punkt der Lean Production.
- Die größten Vorteile von Lean Production liegen unbestritten in einer verbesserten Produktivität, Qualität und Kostenreduzierung.
- Die Einführung von Lean Production ist ein langfristiges und umfangreiches Projekt.
- Viele Unternehmen entscheiden sich gegen die Einführung des Konzepts und setzen nur einige Prinzipien um.
Die Wirkung mit allen Vorteilen kann jedoch nur erzielt werden, wenn alle Lean-Techniken gemeinsam angewendet werden.
Definition
Die Bedeutung der Lean Production im Unternehmen
Der englische Begriff „Lean Production“ – auch „Lean Manufacturing“ genannt – bedeutet „schlanke Produktion“. Dabei verfolgt Lean Production verschiedene Ziele:
Gemäß Definition ist das Kernelement von Lean Production die Vermeidung von Verschwendung. Das Ziel von Lean Production ist, durch den Fokus auf Prozessoptimierung, mehr Qualität, Flexibilität, Effizienz und Sparsamkeit bei den Ressourcen zu erreichen. Das bezieht sich auf weite Teile der Organisation: von Produktionsfaktoren über Personal und Werkstoffe bis zu Betriebsmitteln.
Für welche Unternehmen und Branchen ist Lean Production geeignet?
Lean Production als Begriff tauchte erstmals in den 1980er-Jahren auf und basiert auf den Prozessen in der japanischen Automobilindustrie – ein berühmtes Beispiel für Lean Production im Unternehmen ist Toyota. Der Automobilhersteller erzielte mit dem Einsatz große Erfolge. Entsprechend eignet sich Lean Production sehr gut für:
- produzierende Unternehmen
- Serienanfertigungen
- die Anfertigung großer Stückzahlen
Aber auch andere Branchen wie Logistik, Instandhaltung oder Verwaltung profitieren vom Lean-Production-Konzept. Grundsätzlich können viele Unternehmen Vorteile aus Lean Production ziehen, denn richtig angewendet können Sie mit dem Konzept Schwachstellen erkennen, Verschwendungen sowie Ausschuss verringern und Geschäftsprozesse optimieren. Wichtige Erfolgsfaktoren für jedes Unternehmen, mit denen Sie Kosten einsparen können!
Info
Lean Production und Lean Management im Vergleich
Lean Production und Lean Management sind nicht das Gleiche, stehen aber in einer Wechselbeziehung zueinander. Während Lean Production für eine schlanke Produktion steht, bezieht sich Lean Management auf die gesamte Unternehmensstruktur und -philosophie. Lean Management ist gekennzeichnet durch eine intelligente, schlanke Organisation, die Lean Organisation. Das bedeutet im Zuge des Controllings bis ins kleinste Detail alles Überflüssige wegzulassen – bezogen auf Arbeitsvorgänge, die Verwaltung und Produktion.
Lean Production Merkmale
Auf den Punkt gebracht sind die folgenden Merkmale kennzeichnend für Lean Production:
- Just-in-time-Produktion zur Vermeidung von Überproduktion
- Qualitätsmanagement zur Fehlervermeidung
- geringe Lagerhaltung
- Teamarbeit
- Personalpolitik mit Fokus auf Mitarbeitermanagement
Die 5 Lean Production Prinzipien
Aber wie gelingt es, die Merkmale einer schlanken Produktion im Unternehmen zu etablieren? Hier kommen die sogenannten LEAN-Prinzipien ins Spiel. Sie sind die Grundlage für Lean Production und Sie können sich diese wie einen konstanten Kreislauf vorstellen.
Das sind die 5 LEAN-Prinzipien:
1. Kundenmehrwert im Fokus (Value)
Der Mehrwert eines Produkts oder einer Dienstleistung aus Sicht des Kunden steht im Fokus – sowohl in Bezug auf die Qualität als auch den Preis. Das führt nach dem Lean Prinzip automatisch zur Beseitigung nicht notwendiger oder zielführender Tätigkeiten in der Wertschöpfungskette. Die wichtigsten Maßstäbe dabei sind: Identifizieren, was der Kunde als wertstiftend erachtet und diese Kundenbedürfnisse erfüllen.
2. Wertstrom identifizieren (Value Flow)
Zum Wertstrom gehören alle Arbeitsschritte, die bis zum fertigen Produkt durchlaufen werden. Zur Vermeidung von Verschwendung untersucht man jeden einzelnen Arbeitsschritt und teilt ihn ein.
- wertschöpfende Arbeitsschritte: diese gilt es zu optimieren
- nicht wertschöpfende, aber notwendige Arbeitsschritte: soweit möglich reduzieren
- nicht wertschöpfende, vermeidbare Arbeitsschritte: müssen eliminiert werden
3. Fluss-Prinzip (Flow)
Bei der Vermeidung von Verschwendung ist das Fluss-Prinzip das Kernelement. Ziele sind störungs- und unterbrechungsfreie Produktionsprozesse und Wertschöpfungsketten. Um Verzögerungen und Ausfälle zu vermeiden, müssen alle Elemente des Wertstroms reibungslos ablaufen und organisiert sein.
4. Pull-Prinzip
Traditionell werden in der Produktion bestimmte Mengen anhand von Prognosen gefertigt und teilweise in großen Mengen gelagert. Das Lean Production Prinzip dreht diesen Ansatz um: Pull meint, erst dann zu produzieren, wenn etwas bestellt wird und nur in der bestellten Menge. Große Flexibilität und kurze, gut abgestimmte Lieferketten sind dabei Voraussetzung und Vorteil zugleich. Zur Einführung des Pull-Prinzips dient häufig die Kanban-Methode.
5. Kontinuierliche Verbesserung: Streben nach Perfektion
Der japanische Begriff „Kaizen“ oder Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVB) steht hinter diesem Prinzip. Lean Production ist nicht irgendwann abgeschlossen, sondern ein konstanter Prozess, den es mit dem Perfektionsprinzip immer weiter zu optimieren gilt. Perfektion ist das übergeordnete Ziel, dem die anderen 4 Prinzipien als Grundlage dienen und die zusammen einen stetigen Kreislauf bilden.
Lean Production Methoden: 8 Gestaltungsprinzipien schlanker Produktionssysteme
Anfangs sahen viele Lean Production als reine Rationalisierungsmaßnahme, weshalb die Methode der schlanken Produktion seitens der Mitarbeiter auf wenig Akzeptanz stieß. Das hat sich inzwischen geändert. Mit der Erkenntnis, dass Lean Production nur dann zum Erfolg führt, wenn man den gesamten Produktionsprozess auf den Kundennutzen und den Bedarf ausrichtet, stieg auch die Akzeptanz der Methode. Im deutschsprachigen Raum hat sich dazu die Bezeichnung „Ganzheitliche Produktionssysteme“ (GPS) etabliert. Diese basieren auf acht Grundsäulen:
- Vermeidung von Verschwendungen: Durch die Vermeidung von Verschwendung wird der Wert gesteigert, indem nicht wertschöpfende Produktionsfaktoren minimiert und Abläufe ressourceneffizient gestaltet werden.
- Kontinuierlicher Verbesserungsprozess: Kaizen fördert kontinuierliche Verbesserungen, indem bestehende Systeme und Prozesse stetig optimiert werden. Die Mitarbeitenden werden eingebunden, um durch ihre Perspektive wertvolle Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren – zum Beispiel durch betriebsinterne Vorschlagsmodelle für neue Ansätze und Problemlösungen.
- Standardisierungen: Standardisierung reduziert Ergebnisvariabilität, indem Prozesse einheitlich gestaltet und auf gleichbleibendem Niveau gehalten werden. Das Prinzip „Never change a winning system“ gilt hier – Anpassungen erfolgen nur, wenn sie klare Verbesserungen bringen, um konsistente Resultate zu sichern.
- Null-Fehler-Prinzip: Das Null-Fehler-Prinzip sorgt durch standardisierte Qualitätskontrollen am Ende jedes Prozesses dafür, dass Fehler nicht in die nächste Prozessstufe übernommen werden.
- Fließ-Prinzip: Das Fließ-Prinzip sorgt für einen gleichmäßigen und kontinuierlichen Produktionsfluss, bei dem Arbeitsschritte nahtlos ineinandergreifen, um Wartezeiten und Unterbrechungen zu minimieren.
- Pull-Prinzip: Das Pull-Prinzip richtet die Produktion nach den Bedürfnissen der Kunden aus, indem nur auf Nachfrage produziert wird, anstatt Produkte vorab herzustellen. „On-Demand“-Angebote wie Books-on-Demand sind ein Beispiel für ein Lean Projekt, das Ressourcen, Zeit und Kosten einspart.
- Mitarbeiterorientierung und zielorientierte Führung: In der Lean Production sind Führungskräfte mit einer mitarbeiterorientierten Leitung zentral, indem sie durch flache Hierarchien, kontinuierliche Informationsweitergabe und flexible Führung die Einbindung aller Mitarbeitenden fördern.
- Visuelles Management: Visuelles Management unterstützt durch grafische Darstellungen und visuelle Hinweise die Verständlichkeit von Prozessen und Abläufen, sei es in Marketing-Strategien oder am Arbeitsplatz. Komplexe Vorgänge werden dadurch anschaulich und einfacher nachvollziehbar.
Verschwendung identifizieren und vermeiden
Das Kernelement schlanker Produktionssysteme – Verschwendung vermeiden – ist Ihnen jetzt schön häufiger begegnet. Nach dem Lean Production Prinzip ist Verschwendung alles, was nicht direkt zur Wertschöpfung beiträgt, und alles, für das der Kunde nicht bereit ist zu zahlen.
Das zieht die Frage nach sich: Wie können Sie Verschwendung erkennen und infolge minimieren? Dazu haben sich acht Verschwendungsarten etabliert. Im Unternehmen können Sie Ihre Prozesse und Strukturen anhand dieser Arten der Verschwendung untersuchen und Verbesserungspotenzial ausmachen.
Die 8 Verschwendungsarten
- Überproduktion
- zu hohe Bestände
- Transport
- Wartezeit
- (zu) aufwendige Prozesse
- lange Wege
- Fehler
- ungenutztes Potenzial
Beispiele für Lean Methoden
Kaban
Kanban, das „Tafel“ oder „Karte“ bedeutet, ist ein Produktionssystem, das das Pull-Prinzip nutzt, um Lagerbestände gering zu halten und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der Prozess wird in Regelkreise unterteilt, wobei jede Stufe der Fertigung an ein Lager gekoppelt ist. Nur das tatsächlich benötigte Material wird entnommen, was den Bestand auf das Wesentliche reduziert und dem „Just-in-Time“-Prinzip entspricht. Durch die Verwendung von Kanban-Karten oder digitalen Signalen wird der Materialfluss überwacht und Rückmeldung gegeben. So verhindert das System sowohl Engpässe als auch Überschüsse.
Poka Yoke
Poka Yoke zielt auf kontinuierliche Qualitätsverbesserung, indem unbeabsichtigte Fehler systematisch vermieden werden. Dieses Prinzip gilt nicht nur in der Produktion, sondern in allen Unternehmensbereichen, die damit verbunden sind – von der Administration bis zur Fertigung.
Das Grundprinzip geht davon aus, dass niemand in der Lage ist, alle Fehler zu verhindern. Daher werden Materialien und Werkzeuge so gestaltet und platziert, dass Fehler gar nicht erst auftreten können – durch technische Maßnahmen und gezielte Vorkehrungen. Ein Praxisbeispiel für Lean Management mit Poka Yoke ist die Konstruktion von Bauteilen, die nur auf eine Art korrekt montiert werden können und so ein falsches Zusammenbauen ausschließen.
Muda
Das Muda-Prinzip befasst sich mit der Vermeidung von Ressourcenverschwendung und identifiziert sieben Verschwendungsarten, die minimiert werden sollen:
- Überproduktion durch schlechte Planung
- Übermäßige Bestände, die Lagerfläche beanspruchen und Kosten verursachen
- Unnötige Bewegungen, etwa durch weite Distanzen zwischen Produktionsstätten
- Wartezeiten, wenn Mitarbeitende auf Materialien oder Freigaben warten
- Überflüssiger Transport aufgrund langer Wege
- Ausschuss und Nacharbeit durch Produktionsfehler
- Überflüssige Prozesse, die Abläufe verkomplizieren und keinen Mehrwert schaffen
Diese sieben Arten der Verschwendung sind auch als TIMWOOD bekannt:
- Transport
- Inventory (Bestände)
- Motion (Bewegung)
- Waiting (Warten)
- Over-Production (Überproduktion)
- Over-Engineering (falsche Prozesse)
- Defects (Ausschuss und Nacharbeit)
One Piece Flow
Der One Piece Flow, auch mitarbeitergebundener Arbeitsfluss genannt, beschreibt eine Fließfertigung, bei der Mitarbeitende ein Werkstück durch den gesamten Produktionsprozess begleiten – oft bis zur Fertigstellung. Die Arbeit erfolgt in rotierenden Teams, was Teamarbeit und Teammanagement fördert. Dieser Ansatz stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und macht alle Mitarbeitenden zu aktiven Teilen der Produktionskette.
Die wichtigsten Kennzahlen im Lean Management
Um Erfolg in der Lean Production zu erzielen, müssen zentrale Kennzahlen gemessen und gesteuert werden:
- Durchlaufzeit (DLZ): Die Zeitspanne, die für die Herstellung eines Produkts benötigt wird. Kürzere Durchlaufzeiten sind vorteilhaft.
- Fließgrad: Ein Prozentwert, der das Verhältnis der Bearbeitungszeit zur Durchlaufzeit angibt, berechnet durch die Formel: Fließgrad = (Bearbeitungszeit x 100) / Durchlaufzeit
- Flusszahl: Das Verhältnis der Transport- oder Wartezeiten zur Bearbeitungszeit. Eine ideale Flusszahl ist 1, jedoch gilt: je kleiner, desto besser.
- Flussfaktor: Misst Wartezeiten an einem Arbeitsplatz und wird berechnet durch: Flussfaktor = Anzahl der Arbeitsplätze / Anzahl der begonnenen Aufträge
- Wertschöpfungsgrad: Ein Prozentwert, der die Wertschöpfung zur Gesamtleistung ins Verhältnis setzt: Wertschöpfungsgrad = (Wertschöpfung x 100) / Gesamtleistung
- Overall Equipment Effectiveness (OEE): Gibt an, wie effektiv eine Anlage Produkte innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne herstellt.
Tipp
Notwendige Verschwendungen
Nicht jede Art der Verschwendung lässt sich gänzlich eliminieren. Transport beispielsweise ist vielfach unumgänglich und zählt daher als notwendige Verschwendung. Es kommt darauf an, die Verschwendung so gering wie möglich zu halten.
Vor- und Nachteile von Lean Production
Lean Production bietet viele Vorteile, aber natürlich auch Nachteile. Ob das Prinzip der schlanken Produktion für Ihr Unternehmen geeignet ist, hängt unter anderem von Ihren Produkten und Angeboten ab. Hier bekommen Sie einen Überblick über die Vor- und Nachteile der Umsetzung von Lean Production:
Vorteile von Lean Production:
- kurze Durchlaufzeiten
- stark erhöhte Produktivität durch höhere Produktionsgeschwindigkeiten
- verbesserte Qualität bei Produkten und Produktion
- deutliche Kostensenkung als Ergebnis aller Vorteile
Nachteile von Lean Production:
- keine Reserven durch knappe Materialien im Lager – geringe Möglichkeiten, auf Probleme oder Störungen zu reagieren
- geringe Varianz in der Produktvielfalt (für einige Unternehmen Ausschlusskriterium, für andere weniger relevant)
- weniger Umweltfreundlichkeit durch Just-in-time-Produktion mit kleinen Liefer- und Materialmengen