Zusammenfassung
Alles Wichtige zum Progressionsvorbehalt im Überblick
- Der Progressionsvorbehalt erhöht den Steuersatz auf das zu versteuernde Einkommen.
- Steuerfreie Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld oder Elterngeld beeinflussen den Steuersatz.
- Auch steuerfreie Auslandseinkünfte können unter den Progressionsvorbehalt fallen.
- Die Abgabe einer Steuererklärung ist verpflichtend, wenn Einkünfte dem Progressionsvorbehalt unterliegen.
Definition
Was ist der Progressionsvorbehalt?
Der Progressionsvorbehalt ist eine Regelung im Steuerrecht, die bewirkt, dass bestimmte steuerfreie Einkünfte den Steuersatz auf das übrige Einkommen erhöhen. Er wird vor allem auf Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld oder Elterngeld angewendet. Diese Einkünfte selbst bleiben steuerfrei, beeinflussen jedoch den Steuersatz auf das steuerpflichtige Einkommen. Ziel des Progressionsvorbehalts ist es, die steuerliche Leistungsfähigkeit einer Person korrekt abzubilden und sicherzustellen, dass auch bei steuerfreien Einnahmen eine faire Besteuerung erfolgt.
Der Einfluss des Progressionsvorbehalts auf die Steuer
Der Progressionsvorbehalt sorgt dafür, dass bestimmte steuerfreie Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt werden. Diese Regelung kommt hauptsächlich bei Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld I oder Kurzarbeitergeld zum Tragen. Obwohl diese Leistungen steuerfrei sind, erhöhen sie den Steuersatz auf das übrige steuerpflichtige Einkommen. Das bedeutet, die steuerfreien Einkünfte werden bei der Berechnung des gesamten Einkommens berücksichtigt, um einen höheren Steuersatz festzulegen, der dann auf das steuerpflichtige Einkommen angewendet wird.
Das Ziel dieser Regelung ist es, eine leistungsgerechte Besteuerung sicherzustellen. Ohne den Progressionsvorbehalt könnte es passieren, dass eine Person nur einen kleinen Teil ihres Einkommens versteuern muss, obwohl sie steuerfreie Einkünfte bezieht, die ihre finanzielle Leistungsfähigkeit erhöhen. Der Progressionsvorbehalt stellt sicher, dass solche Einkünfte bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt werden.
Welche Einkünfte fallen unter den Progressionsvorbehalt?
Der Progressionsvorbehalt betrifft nur steuerfreie Einkünfte, die bestimmte Lohnersatzleistungen umfassen. Diese steuerfreien Einnahmen werden für die Berechnung des Steuersatzes herangezogen, auch wenn sie selbst nicht direkt versteuert werden müssen.
Nicht alle steuerfreien Einkünfte unterliegen jedoch dem Progressionsvorbehalt. Zum Beispiel ist Bürgergeld (zuvor Arbeitslosengeld II) davon ausgenommen, da es sich hierbei nicht um eine Lohnersatzleistung, sondern um eine Grundsicherung handelt.
Folgende Einkünfte fallen unter den Progressionsvorbehalt:
- Arbeitslosengeld I
- Kurzarbeitergeld
- Elterngeld
- Mutterschaftsgeld
- Krankengeld
- Arbeitslosenbeihilfe oder -hilfe nach dem Soldatenversorgungsgesetz
- Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz
- Steuerfreie Aufstockungsbeiträge oder Zuschläge
- Winterausfallgeld
- Altersübergangsgeld
- Insolvenzgeld
- Steuerfreie Einkünfte zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
Auch steuerfreie Einkünfte aus dem Ausland können den Progressionsvorbehalt auslösen. Zum Beispiel können Mieteinnahmen, die im Ausland versteuert wurden, in Deutschland bei der Berechnung des Steuersatzes berücksichtigt werden, um eine steuerliche Benachteiligung zu vermeiden. Diese Einkünfte werden zum deutschen Einkommen hinzugerechnet, was den Steuersatz auf das inländische Einkommen erhöht.
Berechnung der Steuerlast mit Progressionsvorbehalt
Um zu veranschaulichen, wie der Progressionsvorbehalt die Steuerlast beeinflusst, sehen wir uns ein Beispiel an:
Stellen Sie sich vor, Sie haben nach Abzug aller relevanten Kosten ein zu versteuerndes Einkommen von 11.000 Euro. Dieser Betrag liegt unterhalb des Grundfreibetrags (11.604 Euro im Jahr 2024), sodass keine Steuer anfällt. Zusätzlich haben Sie jedoch 10.000 Euro Kurzarbeitergeld bezogen, das zwar steuerfrei ist, aber in die Berechnung des Steuersatzes einfließt.
Das bedeutet, Ihr Einkommen wird fiktiv auf 21.000 Euro erhöht. Da dies den Grundfreibetrag übersteigt, müssen nun Steuern gezahlt werden. Diese Steuern fallen jedoch nur auf das zu versteuernde Einkommen (11.000 Euro) an, nicht auf die steuerfreien Einkünfte. Hier noch einmal in der Übersicht:
Zu versteuerndes Einkommen | 11.000 € |
---|---|
Steuerfreies Einkommen (Kurzarbeitergeld) | 10.000 € |
Basis zur Berechnung des Steuersatzes | 21.000 € |
Dieser Steuersatz, der auf der Basis von 21.000 Euro berechnet wird, wird anschließend nur auf die zu versteuernden 11.000 Euro angewendet.
Konkretes Beispiel zur Berechnung der Steuerlast
Betrachten wir ein konkretes Beispiel: Ein Steuerpflichtiger hat ein zu versteuerndes Einkommen von 25.000 Euro, nach Abzug aller absetzbaren Kosten. Der reguläre Steuersatz für diese Summe beträgt 14 %, was eine Steuerlast von 3.562 Euro bedeutet.
Nun bezieht der Steuerpflichtige zusätzlich 10.000 Euro Elterngeld, das zwar steuerfrei ist, aber den Steuersatz beeinflusst. Das Gesamteinkommen beträgt damit 35.000 Euro, wodurch der Steuersatz auf 19 % steigt.
Dieser neue Steuersatz wird jedoch nur auf das zu versteuernde Einkommen von 25.000 Euro angewendet. Die Steuerlast steigt dadurch auf 4.750 Euro, was eine Mehrbelastung von 1.188 Euro durch den Progressionsvorbehalt bedeutet.
Negativer Progressionsvorbehalt
Es ist auch möglich, dass der Progressionsvorbehalt negativ ausfällt. Dies geschieht, wenn steuerfreie Einkünfte zurückgezahlt werden müssen oder wenn negative Einkünfte, zum Beispiel aus dem Ausland, vorliegen. Negative Einkünfte im Ausland können den Steuersatz senken und somit zu einer geringeren Steuerlast führen.
Ein Beispiel: Ein Steuerpflichtiger hat ein zu versteuerndes Einkommen von 20.000 Euro, wofür laut Grundtabelle ein Steuersatz von 9,78 % gilt, was eine Steuerlast von 1.965 Euro bedeutet. Hat er jedoch negative Auslandseinkünfte von 5.000 Euro, sinkt das Gesamteinkommen auf 15.000 Euro, und der Steuersatz reduziert sich auf 4,91 %. Die neue Steuerlast beträgt somit nur noch 736 Euro.
Die Pflicht zur Steuererklärung beim Progressionsvorbehalt
Wenn Einkünfte bezogen werden, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, ist die Abgabe einer Steuererklärung zwingend erforderlich. Dies liegt daran, dass der Progressionsvorbehalt sowohl zu einer Erhöhung als auch zu einer Senkung der Steuerlast führen kann. Werden solche Einkünfte nicht ordnungsgemäß in der Steuererklärung angegeben, können Nachzahlungen und sogar Strafzahlungen entstehen. Es ist daher wichtig, alle relevanten Einkünfte korrekt zu melden und die Steuererklärung fristgerecht beim Finanzamt einzureichen.